Landeshauptstadt: Sporthallen-Mängel schon lange bekannt
Bereits 2012 belegte Gutachten Zusatzbelastung des Daches durch doppelte Dämmschicht
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Der kritische Zustand der Sporthallen am Luftschiffhafen ist offenbar schon viel länger bekannt als bislang vermutet. Schon aus einem Gutachten aus dem Jahr 2012 geht hervor, dass die beiden Hallen in ihrer jetzigen Form nicht genehmigt sind. In Auftrag gegeben wurde es im Mai 2012 von der Luftschiffhafen GmbH (LSH), vorgelegt wurde es am 31. Oktober des selben Jahres. Das Ingenieursbüro CRP kommt darin zu folgendem Schluss: „Der Bestandsschutz der Konstruktion ist durch die zusätzliche Belastung aufgehoben.“ Gemeint ist damit die erhöhte Last aus dem fehlerhaften Dachausbau durch zusätzliche Dämmung und Dichtung.
Kurz nach der Hallensperrung Anfang Dezember war von dem Wissen um die doppelte Dämmschicht noch keine Rede gewesen. Potsdams Sportbeigeordnete Iris Lana Magdowski (CDU) hatte sich bei einem Vorort-Termin mit Journalisten einen Tag nach der Hallensperrung am 5. Dezember 2013 überrascht von dem Baupfusch bei den Dacharbeiten gezeigt. Dass in dem CRP-Gutachten schon 13 Monate zuvor festgestellt wurde, dass durch „zusätzliche Dämmung und Dichtung“ beim Dachausbau eine Lasterhöhung von 28 Prozent bei der Leichtathletik- und von 21 Prozent bei der Schwimmhalle anzunehmen ist, sagte damals niemand.
In dem Gutachten hieß es weiter, dass nach Sichtung der vorhandenen Unterlagen „nicht eindeutig ersichtlich ist, ob die Dachsanierung gemäß der Planung ausgeführt wurde“. Umso mehr stellt sich die Frage, weshalb erst ein Jahr später beide Hallen gesperrt wurden. Auch das Landessportministerium sieht laut Sprecher Stephan Breiding weiterhin Klärungsbedarf, warum die Hallen von einem Tag auf den anderen Tag geschlossen werden mussten. Tatsächlich war das Argument, das LHS-Chef Andreas Klemund in den vergangenen Wochen für die Schließung immer wieder bedient hat, bereits ein Jahr zuvor bekannt und gültig: Er habe die Baupolizei darauf hingewiesen, dass am Luftschiffhafen zwei Hallen stehen, die so nicht genehmigt seien. Dies habe Klemund schon unmittelbar nach Lektüre des Gutachtens vor 13 Monaten getan, heißt es.
Auch die Stadtverwaltung bestätigte, dass die doppelte Dämmschicht auf dem Dach schon länger bekannt ist als bislang in der Öffentlichkeit angenommen. „Die am Bau Beteiligten wussten schon seit der Sanierung davon“, sagte Stadtsprecherin Christine Weber auf PNN-Anfrage. Dass es damit ein Problem geben könnte, habe sich erst aus dem Gutachten 2012 ergeben, und dass es tatsächlich ein Problem sei, stehe erst seit Ende des vergangenen Jahres fest.
Doch offenbar waren diese „Probleme“ nicht schwer zu erkennen. Denn für das Gutachten 2012 nahmen die CRP-Ingenieure lediglich eine sogenannte stichpunktartige Inaugenscheinnahme vor – und stellten dabei ganz offensichtliche Mängel an der Tragwerkkonstruktion der Hallen fest: Oberflächenkorrosionen und Blattrostbildung an Stahlteilen und der Seilabspannung, Rissbildungen und offene sowie beschädigte Schweißnähte auf der Dachfläche der Leichtathletikhalle oder Risse in den Stahlbetonelementen. Zwar erkannten die Gutachter zunächst keine akute Gefahr für die Standsicherheit, kamen aber zu dem Schluss, dass die Hallen künftig bei einer Schneelast von 15 Zentimetern geräumt werden müssen. Gleichzeitig rieten sie zu weiteren Gutachten sowie Materialprüfungen und empfahlen, die Schadensentwicklung zu untersuchen. Zudem ließen die Gutachter keinen Zweifel, dass Handlungsbedarf besteht, indem sie schon damals ein Sanierungskonzept anregten. Für die Schwimmhalle dokumentierten sie zudem, dass der Korrosionsschutz der Stahlbauteile „kurzfristig grundlegend erneuert werden muss“ und alle Spannstähle auf Korrosionsschäden zu untersuchen sind.
Doch auch eine positive Erkenntnis ist dem Gutachen zu entnehmen: Die Experten verweisen darauf, dass der Stahl der Spannstreben, die wesentlicher Teil der Tragekonstruktion beider Hallendächer sind, von einer Güte ist, die nicht zur Spannungsrisskonstruktion neigt. Darauf beruhen die Hoffnungen bei der nun anstehenden Sanierung der Hallen. Denn würde auch ein Austausch der Stahlsteben notwendig werden, wären Kosten und Dauer der Arbeiten weitaus höher als die nunmehr bezifferten 4,7 Millionen Euro. Dass diese aus einem Einnahmeüberschuss aus dem Jahr 2012 zur Verfügung stehen, hat Stadtkämmerer Burkhard Exner (SPD) damit begründet, dass das Gutachten aus 2012 stammt und die Sanierung deshalb mit Rückstellungen aus jenem Jahr bezahlt werden könne.
Unterdessen abgewendet wurde hingegen die zwischenzeitlich angedrohte Streichung der Fördermittel für den Sportstandort, weil dieser nicht genutzt werden kann. In einem Gespräch zwischen Vertretern des Bundesinnenministeriums und des Landessportministeriums sei am Donnerstag eine Einigung in Bezug auf die Fördergelder erreicht worden, teilte Klemund mit. Grund sei, dass Ersatz für die gesperrten Hallen gefunden wurde. Somit setzen Bund und Land ihre Zahlungen in Höhe von insgesamt 390 000 Euro jährlich fort – zumindest bis Juni 2014. Dann zeigt sich, ob die Schwimmhalle wieder in Betrieb genommen werden kann oder noch mehr Sanierungsmaßnahmen als angenommen nötig sind.
So lange müssen die Schwimmer weiterhin in Ausweichstandorten trainieren, zum Beispiel im Bad am Brauhausberg. Dort sollen ihnen ab dem 10. Februar zusätzliche Belegungszeiten zur Verfügung gestellt werden, wie die Stadt am Donnerstag mitteilte. Künftig haben die Leistungssportler montags bis freitags vormittags jeweils drei Stunden lang eine zusätzliche Bahn für sich, dienstags und donnerstags können sie zudem von 15 bis 22 Uhr auf zwei zusätzlichen Kurzbahnen trainieren. Auch beim Vereinssport wird einiges neu organisiert.(mit wik)
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