Aus dem GERICHTSSAAL: Spraydosendieb muss ins Gefängnis
Vorbestrafter präsentierte haarsträubende Story / Gericht glaubte ihm nicht
Stand:
Die Anklage ging von räuberischem Diebstahl aus. Der gilt als Verbrechen. Sebastian S. – im Baumarkt beim Entwenden von 13 Farbspraydosen ertappt – soll einen Kunden, der ihn festhalten wollte, zu Boden gestoßen und meterweit mitgeschleift haben. Im Verlauf des Prozesses stellte sich allerdings heraus, dass der 21-Jährige keine Gewalt anwendete, um im Besitz seiner Beute zu bleiben. Unter dem Strich blieb ein einfacher Diebstahl. Der allerdings wurde mit acht Monaten Gefängnis geahndet, da Sebastian S. bereits mehrfach lange Finger machte. Auch wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis stand der unter Bewährung Stehende bereits vor Gericht. Und es schwebt schon wieder ein Verfahren über ihm.
Sebastian S. (Name geändert) erzählte eine haarsträubende Geschichte, die seiner Entlastung dienen sollte. Doch weder Staatsanwalt noch Schöffengericht nahmen ihm die Story ab. Folgt man den Ausführungen des am Schlaatz Wohnenden, so habe er sich von einem Kumpel 200 Euro geborgt, diese in der vereinbarten Frist jedoch nicht zurückzahlen können. Eines Abends hätten drei Unbekannte vor seiner Tür gestanden, seinen Wohnungsschlüssel kassiert und gefordert, „falls er die Kohle nicht rankriegt“, solle er sich am Nachmittag des 29. August 2006 an dem bewussten Baumarkt einfinden. Dort sei er aufgefordert worden, als Teil seiner Schuldentilgung so viele Spraydosen einzustecken, wie in seinen Rucksack passen, sie dann an einen der Unbekannten auszuhändigen. Leider sei er von einem Marktmitarbeiter erwischt und in dessen Büro gebeten worden. Da habe er sein Heil in der Flucht gesucht. „Plötzlich hing mir jemand am Fuß. Den habe ich weggestoßen, weil ich raus wollte. Ich habe ihn aber nicht durch den Markt gezogen, wie es der Staatsanwalt vorgelesen hat“, beteuerte der Gelegenheits-Jobber. Ein als Zeuge geladener Verkäufer bestätigte, bei dem Gerangel mit dem beherzt eingreifenden Kunden sei der Rucksack des Angeklagten mit dem Diebesgut auf die Erde gefallen. Irgendwann habe sich der Kunde ebenfalls am Boden befunden. Dass er von Sebastian S. eine gewisse Strecke mitgeschleift wurde, könne er heute nicht mehr bestätigen.
„Vielleicht hätten Sie frühzeitig eine Jugendstrafe gebraucht, um auf den rechten Weg zu kommen“, konstatierte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft. „Ihre Hemmschwelle, Straftaten zu begehen, ist äußerst gering.“ Es spräche allerdings einiges dafür, dass er sich des Rucksacks bereits vor dem Einschreiten des Zeugen entledigte. Deshalb sei er nicht wie ein Räuber zu verurteilen, sondern nur wie ein Dieb. Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: