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Kommunikativer Fingerzeig. Miriam Winter (l.) ist eine von 25 Sonderpädagoginnen an der Babelsberger Oberlinschule. Die Kommunikation zwischen Schülern und Lehrer geschieht oft mittels der Gebärdensprache, hier spricht Winter zu den hörsehbehinderten Schülern Gerard und Edi (M.).

© Michael Urban/ddp

Von Patricia Czarkowski: Sprechen mit dem Fingeralphabet Potsdamer Oberlinschule unterrichtet Taubblinde und Hörsehbehinderte

Flink bewegen sich die Hände von Lehrern und Betreuern der Oberlinschule in Potsdam, wenn sie den 36 taubblinden und hörsehbehinderten Schülern etwas erzählen und beibringen wollen.So wird jetzt den Schülern per Gebärdensprache gesagt oder mit einem Fingeralphabet in die Hand „geschrieben“, dass der Sportunterricht ausfällt und stattdessen der Film „School of Rock“ gezeigt wird.

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Flink bewegen sich die Hände von Lehrern und Betreuern der Oberlinschule in Potsdam, wenn sie den 36 taubblinden und hörsehbehinderten Schülern etwas erzählen und beibringen wollen.

So wird jetzt den Schülern per Gebärdensprache gesagt oder mit einem Fingeralphabet in die Hand „geschrieben“, dass der Sportunterricht ausfällt und stattdessen der Film „School of Rock“ gezeigt wird. In einem Raum mit zahlreichen Musikinstrumenten steht ein Fernseher und rund zehn Kinder scharen sich um das Gerät. Einige hören den Film, einige schauen zu und andere erfühlen den Klang der Musikkomödie.

Die 1894 gegründete Schule, die vom diakonischen Verein Oberlinhaus geführt und durch das Brandenburger Bildungsministerium sowie Fördergelder finanziert wird, will den Schülern die Kommunikation mit ihrem Umfeld ermöglichen und sie für den Alltag rüsten. „Unsere Schüler sollen eine zeitliche und räumliche Orientierung gewinnen und Selbstständigkeit erlangen“, sagt Schulleiter Torsten Burkhardt. Neben dem Schulbereich für hörsehbehinderte Schüler im Alter von 6 bis 21 Jahren gibt es einen zweiten Gebäudekomplex für körperbehinderte Kinder.

Daher stehen in der Oberlinschule neben Lesen, Schreiben und Mathematik auch Fächer wie Kochen, Sport, textiles Gestalten und Werken auf dem Stundenplan. An den Wänden des Gebäudes sind verschiedene Holzsorten, Plastik- und Tonplaketten angebracht, damit die Schüler erfühlen, wie unterschiedlich Materialien sein können. In der Küche liegen Nahrungsmittel, die ertastet werden können und auf Bildern sind Obst- und Gemüsesorten mitsamt ihrer Bezeichnung aufgemalt.

Auch Einzelunterricht gibt es an der Schule - so auch für Norman, der gehörlos und geistig behindert ist. Der 19-Jährige sitzt konzentriert im Mathematik-Unterricht über seinen Aufgaben, addiert und subtrahiert Euro- sowie Centbeträge. „Das ist wichtig, damit er beispielsweise beim Einkaufen lernt, wie bestimmte Summen zustande kommen“, sagt seine Lehrerin. Norman liebe Mathe. „Er ist sehr ehrgeizig. Wenn er etwas falsch macht, sagt er, dass er es nächste Woche besser machen wird.“

Um mit den Kindern und Jugendlichen der Schule zu kommunizieren, nutzen die 25 sonderpädagogischen Lehrkräfte neben der Gebärdensprache das Daktylieren für Taubblinde. „Bei der taktilen Sprache nehme ich die Hand des Gegenübers und fühle die Gebärde“, sagt Torsten Burkhardt, Leiter des Schulbereichs für Taubblinde und Hörsehbehinderte. Wenn zwei geübte Gesprächspartner sich unterhalten, greifen die Finger unglaublich schnell und oft ineinander, erklärt der 46-Jährige. Wichtig sei sowohl bei der Gebärdensprache als auch beim Daktylieren, auf Kenntnisse und Können seines Gegenübers einzugehen. Nicht alle Schüler hätten den gleichen Wissensstand.

In Deutschland gibt es Burkhardt zufolge drei Schulen für Taubblinde und Hörsehbehinderte. Neben der Oberlinschule befindet sich eine weitere Einrichtung in Hannover und eine in Würzburg. Der Einstieg in das Berufsleben sei für die Schulabgänger sehr schwer, da die meisten einen Regelabschluss nicht erreichten. Da zudem viele der Taubblinden auch geistig behindert seien, gebe es nur wenig Möglichkeiten für eine Anstellung, sagt Burkhardt. „Eine Schülerin hat vergangenes Jahr aber einen Ausbildungsplatz gefunden.“

Patricia Czarkowski

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