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Aus dem GERICHTSSAAL: Staatsanwalt: Gewalttätiger Angriff auf die Pressefreiheit

Gericht geht von fahrlässiger Körperverletzung des angeklagten Rechtsanwalts aus / 600 Euro Geldstrafe

Stand:

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft bezeichnet es als gewalttätigen Angriff auf die Pressefreiheit. Er beantragt, den angeklagten Rechtsanwalt wegen gefährlicher Körperverletzung – wenn auch im minder schweren Fall – zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 45 Euro (4050 Euro) zu verurteilen. Die Amtsrichterin geht von Fahrlässigkeit des jungen Juristen aus. Der kommt mit 15 Tagessätzen á 40 Euro (600 Euro) glimpflich davon.

Am 24. Oktober 2008 soll der Journalist Matthias M.* den Rechtsanwalt Clemens C.* gegen seinen Willen auf der Treppe des Justizzentrums fotografiert haben. Darauf soll dieser gegen das Objektiv des Fotoapparates geschlagen haben. Die zwei Kilogramm schwere Spiegelreflex-Kamera streifte die Nase des Journalisten recht unsanft. Der Arzt attestierte Matthias M. wenig später eine etwa 1,5 Zentimeter lange Platzwunde auf dem Nasenrücken sowie eine geschwollene Unterlippe, schrieb ihn eine Woche lang arbeitsunfähig.

„Ich wollte niemanden verletzen, sondern nur mein Recht am eigenen Bild durchsetzen“, versichert Clemens C. „Ich habe mehrfach gesagt, das ich nicht fotografiert werden möchte.“ Das habe den Journalisten allerdings nicht beeindruckt. „Um zu verhindern, dass weitere Fotos von mir gemacht werden, habe ich die Hand ausgestreckt.“ In diesem Moment habe er sich „wie ein von der Boulevardpresse gejagter Prominenter“ gefühlt und die Kamera weggedrückt, so der Angeklagte.

Um eine derartige Platzwunde hervorzurufen, müsse eine „mäßige Gewalteinwirkung mit einem glatten Gegenstand“ vorgelegen haben, betont Rechtsmedizinerin Dr. Barbara Mattig. „Eine bloße Druckbewegung reicht da nicht aus.“ Verteidiger Jörg-Klaus Baumgart bezichtigt Matthias M., seine Verletzung dramatisch hochzuspielen. Sein Mandant sei von dem Journalisten genötigt worden und habe in Notwehr gehandelt. Daher sei er vom Vorwurf der Körperverletzung freizusprechen. Matthias M. erzählt, der Jurist habe ihn nach der Attacke gefragt: „Wollen Sie noch eine? Soll ich noch mal?“ Clemens C. bestreitet das. Auch eine Augenzeugin will derartige Worte nicht vernommen haben.

Bildaufnahmen auf der Treppe eines öffentlichen Gebäudes würden den höchstpersönlichen Lebensbereich des Abgebildeten nicht verletzen, stellt der Staatsanwalt klar. Der Angeklagte hätte verbal deutlich machen müssen, dass er gegen die Veröffentlichung der Fotos sei. Die Vorsitzende glaubt, der Rechtsanwalt war in der konkreten Situation überfordert. Allerdings sei sein Verhalten unangemessen gewesen. (*Namen geändert.)gh

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