Aus dem GERICHTSSAAL: Staatsanwalt: Viele alkoholbedingte Fahrfehler
Bewährung, Führerscheinentzug und Geldbuße für Betrunkenen, der einen Polizisten schwer verletzte
Stand:
Am Ende der Beweisaufnahme revidiert der Staatsanwalt die Anklage. Salim R. könne nicht – wie ursprünglich angenommen – nachgewiesen werden, dass er sein Auto erst beschleunigte, nachdem er die Polizeikontrolle wahrnahm, um an ihr vorbeizukommen. Der mit 1,58 Promille absolut Fahruntüchtige habe in der Nacht des 10. August 2006 allerdings zahlreiche alkoholbedingte Fehler gemacht. Der schlimmste war, dass er viel zu spät bremste, mit seinem Smart dadurch einen Polizeibeamten erfasste und schwer verletzte. Das sieht das Gericht unter Vorsitz von Monika Holk ebenso. Es verurteilt Salim R. wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, ausgesetzt zu zweieinhalbjähriger Bewährung, sowie 2000 Euro Geldbuße. Zwei Jahre lang darf der Angestellte der Telekom nicht mehr ans Steuer eines Kraftfahrzeugs. Salim R. (26), in grauem Anzug gekleidet, entschuldigt sich zu Prozessbeginn bei Reinhold H. Der 49-jährige Polizist – er tritt als Nebenkläger auf – ist auch acht Monate nach dem Unfall noch auf Krücken angewiesen. Er wird bleibende Schäden davontragen. Eine Erinnerung an das Geschehen dieser Nacht hat er nicht.
Als er sich am 9. August vorigen Jahres entschloss, mit dem Auto ins „Waschhaus“ zu fahren, habe er keinen Alkohol trinken wollen, erzählt der Angeklagte. Dann habe er in der Disko Freunde getroffen, die ihm ein Bier ausgaben. Bis um vier Uhr des nächsten Morgens habe er dann so vier bis fünf Bier getrunken. (Staatsanwalt und Gericht bezweifeln die geringe Menge.) „Ich entschloss mich, ein Taxi für die Heimfahrt zu nehmen“, so Salim R. Doch sein noch längst nicht abgezahlter Smart sei ungünstig geparkt gewesen. „Ich hatte Angst, dass mir jemand Schutt vom Theaterbau auf den Wagen schmeißt oder den Lack zerkratzt.“ Deshalb habe er das kleine Gefährt nur schnell in der nahen Otto-Nagel-Straße abstellen wollen. Dass er die als Einbahnstraße ausgewiesene Schiffbauergasse in verkehrter Richtung verließ, habe er nicht bemerkt, die rotbeleuchtete Anhaltekelle des Polizeibeamten Ingo R. in der Berliner Straße zu spät gesehen. „Ich habe gebremst und bin nach links ausgewichen“, erzählt Salim R. Dabei erfasste er Reinhold H., den er laut eigener Aussage überhaupt nicht wahrnahm, mit immerhin noch 51 bis 53 Stundenkilometern. Der Polizist erlitt u. a. komplizierte Bein- und Wirbelbrüche sowie eine schwere Kopfverletzung. Er musste ins künstliche Koma versetzt und dreimal operiert werden.
Laut Gutachten war das Signal zum Stoppen auf eine Entfernung von 60 Metern zu erkennen. Hätte Salim R. adäquat reagiert, wäre sein Auto nach 29 Metern zum Stehen gekommen. Er habe allerdings erst fünf Meter vor dem anhaltenden Polizisten Ingo R. zu bremsen begonnen. „Der Smart fuhr falsch aus der Einbahnstraße. Erst blinkte er links, dann rechts. Dann schaltete der Fahrer das Licht ein“, berichtet Ingo R. (46) im Zeugenstand. Spontan hätten sich Reinhold H. und er entschlossen, den mit gleichbleibender Geschwindigkeit fahrenden Wagen anzuhalten. „Er hat mich gesehen und ist voll auf dem Gas geblieben. Ich denke, er wollte seine Haut retten“, gibt der Polizist seinen Eindruck wieder. „Der Angeklagte hat riesiges Glück gehabt. Er hätte auch wegen fahrlässiger Tötung hier sitzen können“, meint der Staatsanwalt abschließend. Hoga
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