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Landeshauptstadt: „Stadt muss sensibel sein“

Schlösser-Chef mahnt zu behutsamer Bebauung

Stand:

Herr Dorgerloh, welche Bedeutung hat das Glienicker Horn für das Potsdamer Welterbe?

Das Potsdamer Welterbe zeichnet sich durch seine einmalige topographische Lage aus. Es ist ein vielgliedriges Ensemble rund um die Stadtmitte, kein Welterbe-Block. Darin spielt das Glienicker Horn eine wichtige Rolle, aber es gibt sehr viel mehr geschützte Welterbe-Umgebung. Das Glienicker Horn allein gibt nicht den Ausschlag für eine neue Debatte über den Wert der Welterbestätte Potsdam.

Warum ist es dann so wichtig, dass der Zipfel des Glienicker Horns, um den es jetzt geht, frei bleibt? Das Areal ist ja schon zugebaut.

Man kann sicher die Position einnehmen, dass die Situation sowieso verdorben ist – es also nichts mehr ausmacht, wenn man alles bebaut. Der entscheidende Fehler ist die Bauleitplanung der 1990er Jahre. Das hat auch die Stadt Potsdam eingesehen. Dieser Fehler lässt sich nicht ungeschehen machen. Er holt uns aktuell mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts wieder ein. Jetzt geht es nur noch darum, das Verträglichste für das Welterbe herauszuholen. Dafür müssen die Stadt Potsdam, die Eigentümer der Grundstücke und die Welterbehüter – also das Landesdenkmalamt und die Schlösserstiftung – zusammenwirken.

Sie gehen also davon aus, dass es eine Bebauung an der Spitze des Glienicker Horns geben wird?

Die Eigentümer wollen bauen, da wird man auch mit moralischen Appellen nichts anderes erreichen. Aber ich denke, dass die Eigentümer sich der Brisanz der Lage – nicht nur der topographischen – bewusst sind. Auch sie wollen sicher nicht etwas errichten, auf das später vom Babelsberger Park aus alle mit dem Finger zeigen. Die Gesprächsbereitschaft bei den Eigentümern ist da. Jetzt liegt es bei der Stadt Potsdam: Sie muss sensibel mit den Signalen umgehen, den Prozess moderieren.

Es besteht der Eindruck, dass Potsdam dies bisher nicht ausreichend getan hat.

Die Schuldfrage sollte man jetzt nicht stellen. Klar ist: Das Glienicker Horn war ein ungewollter Lernfall für die Stadt kurz nach der Wende. Alle Mechanismen, die danach entwickelt wurden, haben sich bewährt. Es gibt kein zweites Glienicker Horn in Potsdam.

Was wäre aus Sicht der Schlösserstiftung eine verträgliche Bebauung am Glienicker Horn?

Dafür gibt es drei Kriterien: Bauplatz, Höhe der Gebäude und Materialien. Wir haben klare Vorstellungen, was das für die noch freien Flächen am Glienicker Horn bedeuten kann. Es darf keine dominante Bebauung geben, die die ohnehin eingeschränkte Situation erheblich verschlimmern würde. Der Schaden muss so gering wie möglich bleiben. Das ist auch im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts: Es hat deutlich gemacht, dass der Welterbe-Schutz, den die Schlösserstiftung auch für die Umgebung fordert, rechtens ist. Das Gericht hat damit unsere Position gestärkt. Das wirkt sich auch bei anderen Projekten aus.

Gibt es in Potsdam weitere Bauvorhaben, die das Welterbe gefährden könnten?

Es brennt aktuell nichts an. Um den Altlasten aus DDR-Zeiten wie dem Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion oder dem Studentenwohnheim hinter dem Neuen Palais zu begegnen, brauchen wir einen langen Atem. Heute hätte man an diesen Standorten aber weder ein Stadion noch so hohe Wohnheime geplant. Uns geht es darum, dass es nicht noch mehr Verdichtung in der Umgebung des Welterbebereichs gibt. Dafür steht die neue Welterbe-Pufferzone. Sie muss auch ein Signal gegenüber der Unesco sein, dass die Stadt und das Land es ernst meinen.

Das Interview führte Sabine Schicketanz

Hartmut Dorgerloh, geboren 1962 in Berlin und aufgewachsen in Potsdam, ist seit August 2002 Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.

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