Landeshauptstadt: Stadt-SPD sucht ihren Wählerauftrag
Ortsverein Innenstadt-Nord diskutierte Wahlkampfprogramm
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Nauener Vorstadt – Wofür stehen die Sozialdemokraten in der Stadt? Diese Frage wird sich bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr zuspitzen. Dienstagabend spielte sie erst mal eine Rolle auf einer Veranstaltung des Ortsvereins Mitte-Nord im Regine-Hildebrandt-Haus in der Alleestraße. Vorsitzende Rotraut Kautz: „Wir wollen mehr Sitze in der Stadtverordnetenversammlung.“ Ob die Aufholjagd nach dem Erdrutsch von 20 auf 11 Mandate bei der letzten Wahl gelingt, dürfte entscheidend von der Antwort auf die Frage abhängen, wofür die SPD steht. Der Unterbezirk hat dazu einen Leitfaden „In Potsdam zu Hause“ vorgelegt, der in den Ortsvereinen diskutiert werden soll. Die Mitglieder und interessierte Bürger können auf Formblättern ihre Meinungen und Vorschläge einbringen. Das Ganze mündet dann in den „Wählerauftrag“, also das Wahlprogramm. Im Mai 2008 soll es fertig sein.
„Ich habe den Leitfaden gelesen und gelesen und fand keine Aussagen zu den Problemen der Menschen, die ich vertrete“, sagt Wolfgang Puschmann. Der Vorsitzende des Seniorenbeirates spricht von 34 292 Senioren in Potsdam, die im SPD-Leitfaden praktisch nicht vorkommen. „Wir möchten schon, dass die SPD etwas für uns tut“, sagt das Ex-SPD-Mitglied Puschmann. Das würdevolle Leben im Alter werde immer schwerer, bezahlbare Mieten immer seltener, dazu fehle die Position der Sozialdemokraten
Und Gastronom Maximilian Dreier pickt ein anderes Problem heraus: Den Landtagsneubau. „Es heißt hier: Landtagsneubau unter Bezug auf das frühere Stadtschloss“, zitiert er. „Was muss ich mir darunter vorstellen?“ Dreier fordert von der SPD mehr Mut und konkrete Positionen. „Die SPD muss sich inhaltlich bekennen, sie muss sich schon entscheiden, wofür sie steht.“
Damit hat Dreier offenbar vielen aus dem Herzen gesprochen. Von „da fehlt die Hälfte“ bis zu „Gemischtwarenladen“ reichte die Kritik zu dem Positionspapier. Selbst Florian Engels, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion fordert dazu auf „konkrete Sachen zu nennen, die man umsetzen will.“ SPD-Stadtfraktionschef Mike Schubert rette sich immer wieder durch den Hinweis auf das Verfahren. Es stehen noch mindestens fünf Stadtteilkonferenzen bevor und am Ende würde das Wahlprogramm schon rund sein. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Stadt im Norden weiter zusammenwächst“, hatte Schubert als Motto über die gestrige Runde gesetzt. Doch aus den neuen Ortsteilen Groß Glienicke und Fahrland kam viel Kritik: Wie steht die SPD zur Landwirtschaft? Wie will sie die Verantwortung der Ortsbeiräte stärken und wie die Verkehrsprobleme lösen? Die Position der Sozialdemokraten zum Naturschutz sei nicht zu erkennen und zum Dilemma der abwandernden Jugend aus den Dörfern ebenfalls nicht. Das ganze Papier sei „Stückwerk“ und vor Veröffentlichung nicht genügend durchdacht.
Am Ende musste Peter Schultheiß, Ortsverbandsvorsitzender der CDU, der für seine Partei ebenfalls mehr Sitze in der Stadtverordnetenversammlung reklamiert, die Wunden der SPD-Kollegen pflegen. „Wir arbeiten ja an dem gleichen Programm“, sagte der von Schubert als „Mitbewerber“ bezeichnete CDU- Mann. Und er tröstete: „Damit Sie nicht frustriert nach Hause gehen, lassen Sie es sich sagen: Die CDU ist keinen Deut besser.“
Günter Schenke
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