Landeshauptstadt: Stadt verliert am Uferweg
Griebnitzsee-Anrainer müssen Uferweg nicht dulden, weil er den Garten quert
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Babelsberg - Die acht klagenden Grundstückseigentümer vom Griebnitzsee sorgen für die Schlagzeilen, Richter Volker Reimus für die Unterhaltung. Acht Stunden prozessierten die Beteiligten gestern vor dem Verwaltungsgericht Potsdam, um feststellen zu lassen, ob die Landeshauptstadt den Uferweg am Griebnitzsee bislang zu Recht mit allen Mitteln offen gehalten hat. Das Ergebnis eines Vororttermins mit anschließender mündlicher Verhandlung: Potsdams Verwaltungsspitze hat in drei Fällen den Uferweg über die jeweiligen Privatgrundstücke jahrelang rechtswidrig offen gehalten. Die Stadt sollte endlich anerkennen, dass sich seit 1990 die Rechte geändert haben und Eigentum etwas zähle, sagte Richter Reimus in der Urteilsverkündung.
Theoretisch könnten die drei Anrainer den Weg schließen, so dass keiner mehr über die drei Grundstücke gehen kann, sagte ein Gerichtssprecher. Zuletzt hatten Anwohner den Weg mit Flatterband gesperrt und Bodyguards engagiert, um Passanten am Betreten des Weges zu hindern. Dies sei nach dem Urteil jederzeit wieder möglich, hieß es gestern. Uferweg-Anrainer Wolfhard Kirsch machte in der Verhandlung deutlich, die Anrainer könnten sich Fußgänger auf dem Weg vorstellen, jedoch keine Radfahrer.
Die siegreichen Kläger Ulrich und Marianne Marwald, Wolfhard Kirsch sowie die GbR Stern mit Alwin Scholz, Stefan Kaminsky und Sabine Manzel hatten die ehemaligen Mauergrundstücke in den 1990er Jahren gekauft. Gestern hieß es seitens der Anrainer, ihre Verhandlungsposition gegenüber der Stadt habe sich durch das Urteil gestärkt. Allerdings müssen sie nach eigenen Aussagen nun mit einer Enteignung und einer Entschädigungszahlung rechnen – womöglich in Millionenhöhe. Die Stadtverordneten hatten zuletzt einen Bebauungsplan für das Gebiet verabschiedet, der einen offenen Uferpark zwischen Weg und Wasser vorsieht. Darauf soll auch Radfahren teilweise ermöglicht werden. Wie Uwe Graupeter, Verteidiger der Landeshauptstadt sagte, sei die Parkordnung verwaltungsintern fertig, nun soll sie mit den Anliegern und Vereinen besprochen werden.
Eines ist an dem gestrigen Verhandlungstag, der mehr als neun Stunden dauerte, deutlich geworden. Einige Grundstückseigentümer wollen keinen offenen Uferweg, andere haben nichts gegen den Weg, wollen allerdings verbindliche Nutzungszeiten und -arten. Bislang hatte die Stadt argumentiert, der ehemalige Kolonnenweg entlang des Wassers führe über freies Land und sei nach dem Brandenburgischen Naturschutzgesetz somit für jedermann nutzbar. Richter Reimus von der 4. Kammer des Verwaltungsgerichtes sagte, dies gelte aber nicht für Privatgrundstücke mit Gartennutzung. Und da die drei Grundstücksbesitzer bereits vor der Veränderungssperre im Februar 2005 ihre nach der Wende verwilderten Wassergrundstücke zu Gärten umgestaltetet hatten, müssten sie die Öffentlichkeit nicht mehr hinnehmen.
Der Weg, der sich wenige Meter vom Ufer des Griebnitzsees nahe der Glienicker Brücke über die Grundstücke zieht, entstand zu DDR-Zeiten und wurde von den Grenztruppen als Postenweg nach dem Mauerbau verwendet. Seit der Maueröffnung wird das Uferareal von Touristen und Spaziergängern genutzt. Entlang des Weges stehen Villen mit zum Teil historischer Bedeutung. Dazu gehört die sogenannte Truman-Villa, in der während der Potsdamer Konferenz 1945 US-Präsident Harry S. Truman wohnte.
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