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Landeshauptstadt: Stadt will systematisch Bomben suchen

Priorität haben Kitas, Schulen, Krankenhäuser / Heute wird 250-Kilogramm-Sprengkörper entschärft

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Potsdams Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und Seniorenheime, die sich an „neuralgischen Punkten“ befinden, sollen ab sofort „systematisch nach Bomben abgesucht“ werden. Das sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern Abend im Hauptausschuss. Hintergrund ist der erneute Fund einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in der Lotte-Pulewka-Straße, die heute entschärft werden soll. Es ist der vierte Fund innerhalb von zwei Jahren auf einer Baustelle. Jakobs sagte, nach Absprache mit dem Innenministerium werde das Land die Kosten für die Bombensuche tragen. „Wir sind gut beraten, bald Klarheit zu haben“, so Jakobs. Die sozialen Einrichtungen hätten bei der Suche „höchste Priorität“. Als erster Schritt der systematischen Munitionssuche soll der brandenburgische Kampfmittelbeseitigungsdienst englische Luftbilder auswerten. Wenn nötig, würde auch der Boden untersucht und „versiegelte Flächen“ aufgebrochen. Wie die Bombensucher vorgehen werden, falls dabei Gebäude betroffen wären, sei noch unklar, erklärte gestern Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) bei einer Pressekonferenz.

Wegen der Entschärfung der neuen Bombe auf der Baustelle in der Lotte-Pulewka-Straße werden heute rund 12 000 Potsdamer bis 9 Uhr ihre Wohnungen in Babelsberg und Zentrum Ost verlassen müssen. Denn alle Häuser und Straßen im Umkreis von einem Kilometer um den Bombenfundort werden von der Polizei gesperrt, so Müller. Manuel Kunzendorf, Munitionsexperte beim Kampfmittelbeseitigungsdienst, habe die Größe des Sperrgebiets vorgegeben. Die Anwohner müssten selbstständig und ohne Aufforderung das Areal zwischen Heinrich-Mann-Allee, Havelufer, Horstweg und Park Babelsberg verlassen, sagte Müller. Gehbehinderte oder Bettlägrige können unter Tel.: (0331) 37 01 216 einen Krankentransport bestellen. Die Feuerwehr bringt sie dann in den barrierefreien Treffpunkt Freizeit oder ins Evangelische Krankenhaus in der Weinberg-Straße beziehungsweise ins Klinikum Ernst von Bergmann.

Allen anderen steht während der Evakuierung das Bürgerhaus am Schlaatz im Schilfhof 28 zur Verfügung. Auch die Nikolaikirche am Alten Markt will für die Betroffenen die Türen öffnen und ein Frühstück anbieten. Im Gegensatz zum 21. Juli, als die erste Bombe auf der selben Baustelle entschärft wurde, sollen die Straßenbahnen im Sperrgebiet verkehren so lange sich noch Menschen dort aufhalten. Allerdings darf ab 9 Uhr an den betroffenen Haltestellen niemand mehr aussteigen. Bis eine halbe Stunde vor Beginn der Entschärfung fahren die Trams zwischen den Haltestellen Friedhöfe und Alter Markt ohne Halt durch, ebenso zwischen der Watt- und der Holzmarktstraße. Weil der Hauptbahnhof und der Babelsberger Bahnhof im abgeriegelten Bezirk liegen, halten ab 9 Uhr dort keine Züge und S-Bahnen mehr. Die Bundespolizei wird den Potsdamer Hauptbahnhof evakuieren. Doch fahren bis zur Entschärfung zwischen den Bahnhöfen Charlottenhof und Wannsee sowie Griebnitzsee Züge. Von Griebnitzsee bis Wannsee pendeln zudem S-Bahnen. Zwar wird die Potsdamer Polizei die Auf- und Abfahrten der Nuthestraße zwischen Horstweg und Berliner Straße um 9 Uhr sperren, die Schnellstraße soll aber „so lange wie möglich“ befahrbar sein. Der Horstweg, die Heinrich-Mann-Allee und die Lange Brücke bleiben während der Entschärfung offen.

Im Sperrgebiet liegen nicht nur das Arbeitsamt, die Staatskanzlei und zahlreiche Betriebe, sondern auch zehn Kindertagesstätten, die im Normalfall rund 700 Kinder betreuen. Heute sollten Eltern ihren Nachwuchs möglichst zu Hause behalten. Ist das nicht möglich, wollen die jeweiligen Einrichtungen sich eigenständig um die Kinder kümmern, etwa auf andere Kindergärten ausweichen oder Ausflüge unternehmen, so Müller. Auch die Lehrer der Grundschule am Humboldtring wollen eine alternative Betreuung für ihre Schüler organisieren. Das Humboldt-Gymnasium in der Heinrich-Mann-Allee und die Lenné-Gesamtschule am Humboldtring bleiben heute ebenfalls geschlossen. Ebenso die gesamte Stadtverwaltung, weil die rund 280 Mitarbeiter bei der Evakuierung helfen werden.

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