Landeshauptstadt: Stadt will Uferweg am Griebnitzsee freikaufen
Brief an Grundstückseigentümer mit Kaufangebot fertig – lehnen sie ab, wird enteignet / Initiative „Griebnitzsee für alle“ informiert
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Babelsberg - Eine Enteignung der Grundstücke am Griebnitzsee wird immer wahrscheinlicher: Die Eigentümer der Ufergrundstücke erhalten nach PNN-Informationen in den nächsten Tagen Post von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). In den Umschlägen befinde sich ein Kaufangebot für die privaten Grundstücke am Uferweg, hieß es gestern. Die ersten Schreiben hätten bereits am Freitag das Stadthaus verlassen. Die acht Eigentümer, die gegen die Stadt geklagt haben, sollen sich dann innerhalb von zwei bis drei Wochen entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder nicht. Wenn nicht, werde ein Antrag auf Enteignung gestellt.
Seit vergangenen Samstag ist der ehemalige Kolonnenweg der DDR-Grenztruppen, der seit beinahe 20 Jahren ein öffentlicher Uferweg ist, wieder Sperrgebiet. Grundstückseigentümer haben den Weg geschlossen und ihre Gärten bis zum Wasser erweitert. Die Stadt hatte daraufhin erklärt, als letztes Mittel nun nur noch die Enteignung zu sehen. Damit folgt Jakobs einem Mehrheitsbeschluss der Potsdamer Stadtverordneten, die genau vor einem Jahr eine Enteignung als letztes Mittel beschlossen haben. Das Verfahren soll eingeleitet werden, wenn mit den Eigentümern keine Einigung erfolgt, heißt es in dem Beschluss. Der Antrag kam von den Linken, die sich bei den jetzigen Enteignungsbemühungen als einzige Partei hinter SPD-Oberbürgermeister Jakobs stellt. SPD, CDU und Bündnisgrüne wollen dagegen ein Mediationsverfahren und eine Bürgerbefragung, die Christdemokraten sehen eine Enteignung ohnehin als falschen Weg. Zuletzt hatte Innenminister Jörg Schönbohm die Stadt dazu aufgefordert, mit den Eigentümern zu verhandeln. Schönbohms Ministerium ist die Enteignungsbehörde, bei der die Stadt den Antrag auf Enteignung stellen muss und die über das Anliegen entscheidet.
Wie hoch das Angebot der Stadt an die Eigentümer ist, war gestern nicht zu erfahren. Die Stadt Potsdam hätte das Gebiet des früheren Postenweges vor vier Jahren für 115 Euro pro Quadratmeter vom Bundesvermögensamt kaufen können. Das galt als zu teuer – die Stadt wollte weniger als zehn Euro an den Bund überweisen. Zu wenig, fand die Bundesbehörde und bot die Grundstücke den Anwohnern an – die zugegriffen haben. Inzwischen hat die Stadt sich mit 15 Eigentümern über einen offenen Weg am Griebnitzsee einigen können, sie haben teilweise den Uferweg an das Seeufer verlegt und ihren Garten bis zum Weg verlagert. Doch acht Anwohner hatten gegen die Stadt geklagt und Anfang April vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Recht bekommen. Die Richter sagten, die Öffentlichkeit habe keine Betretungsrechte.
Die gerichtlichen Auseinandersetzungen sind noch nicht beendet. Vor zwei Jahren haben die Stadtverordneten den überhaupt ersten Bebauungsplan für den Uferbereich am Griebnitzsee beschlossen, dagegen wird aktuell ein Normenkontrollverfahren einiger Eigentümer vor Gericht geführt. Kurios an dem Verfahren: Einige der klagenden Anwohner haben auf Grundlage des B-Plans die Erlaubnis zum Bau von Steganlagen und Bootshäusern erhalten. Die werden jetzt gebaut, obwohl die Bauherren gegen den Plan juristisch vorgehen. Was Potsdamer und Gäste von der Eskalation am Uferweg halten, will die Initiative „Griebnitzsee für alle“ heute erfahren. Ab 11 Uhr wollen die Mitglieder der Initiative am Uferweg – Höhe S-Bahnhof Griebnitzsee – sein und einen Informationsstand zum Weg und dessen Geschichte aufstellen. Die wird ja seit einer Woche neu geschrieben.
jab
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