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Von Guido Berg: Stadt will Werbesatzung durchsetzen

Klipp: „Recht und Ordnung muss wieder gelten in Potsdam“ – Cornelius für einen Aufsteller pro Geschäft

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Innenstadt - Schulterschluss mit Gerangel: Die Potsdamer Stadtverwaltung hat gestern vor Journalisten mehrere Vertreter von Gastronomie- und Einzelhandelsverbänden an einen Tisch geholt, um Einigkeit im Kampf gegen den „Schilderwahn“ und das „Werbewettrüsten“ in der Potsdamer Innenstadt zu demonstrieren. Wie aber klar wurde, besteht Konsens höchstens darüber, dass „der Leidensdruck“, so Wolfgang Cornelius (CDU) von der AG Innenstadt, nun so groß ist, „dass etwas passieren muss“. Insbesondere Behindertenverbände hatten sich vehement gegen die Flut von Klappaufstellern, auch als „Passantenstopper“ bezeichnet, sowie Werbefahnen und Warenaufsteller ausgesprochen. Auch bei vielen Innenstadthändlern gelte bereits die Einsicht: „Weniger ist mehr.“ Cornelius: Es droht „die Verramschung“ der Innenstadt. Aufsteller auf dem Gehweg seien sogar „eine Frechheit“.

Doch der Teufel liegt im Detail: Cornelius will der AG Innenstadt im August einen Kompromissvorschlag präsentieren, wonach künftig nur noch ein Fahrradständer und einen Plakataufsteller pro Innenstadt-Geschäft gestattet ist. Der CDU-Stadtverordnete beruft sich dabei auf einen Vorschlag, den er am gestrigen Vormittag vom Chef der Potsdamer Bauaufsicht, Markus Beck, per E-Mail bekommen haben will. Dieser habe ihm die nun von ihm unterstützte Variante als „Kompromiss“ angeboten. Noch kürzlich hatte Bauaufsichtschef Beck öffentlich erklärt, er habe kein Personal, sich auch noch mit Werbeanlagen zu beschäftigen.

Becks Vorgesetzter, der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne), sah sich daraufhin zur Intervention genötigt: „Die Bauaufsicht kann keine Kompromissangebote machen, sondern muss die Werbesatzung durchsetzen.“ Es gebe kein Kompromissangebot der Stadt, es gelte die Werbesatzung. Klappaufsteller, erklärte Klipp, „sind nicht genehmigungsfähig“, unabhängig davon, ob sie die Größe von einem Quadratmeter überschreiten oder nicht. Werbefahnen seien laut Satzung ebenfalls nicht gestattet.

Klipp machte klar, dass die bereits seit 2006 geltende Werbesatzung, die die Werbemöglichkeit der Händler in der historischen Innenstadt einschränkt und regelt, nun rigoros durchgesetzt werden soll. Klipp: „Der jetzige Zustand ist unattraktiv und unrechtmäßig.“ Und weiter: „Recht und Ordnung müssen wieder gelten in Potsdam.“ Kein Einkaufscenter würde einen „Wildwuchs“ an Werbeaufstellern dulden. Der Baubeigeordnete: „Was wir jetzt machen ist so etwas wie die Durchsetzung des Hausrechts auf Basis der Werbesatzung.“

Immerhin im Beigeordnetenkollegium scheint Klipps Haltung auf Rückhalt zu stoßen: Wie die Sozialbeigeordnete Elona Müller erklärte, seien die Innenstadthändler mit einem Schreiben davon informiert worden, „dass wir die Situation nicht mehr dulden werden“. Es werde „Schwerpunktkontrollen“ und gegebenenfalls „Bußgeldverfahren“ geben mit Strafen zwischen „35 und 2500 Euro“. Elona Müller: „Wir werden unseren Anspruch durchsetzen.“

Karin Genrich, Innenstadt-Händlerin und Präsidentin des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, unterstützt den Sinneswandel der Stadtverwaltung, die Einhaltung der Werbesatzung nun auch kontrollieren zu wollen. „Sie können vor lauter Aufstellern gar nicht mehr flanieren“, so Karin Genrich. Klar positionierte sich auch Tilo Schneider von der Industrie- und Handelskammer Potsdam. Die Brandenburger Straße sei eine „Flaniermeile“ und kein „orientalischer Basar“. Bei allen Versuchen der Stadt, mit den Händlern den Konsens zu suchen, müsse „am Ende des Tages die Keule stehen“, sagte Schneider.

Cornelius zufolge habe die AG Innenstadt bereits bei der bloßen Ankündigung, sich gegen die Schilderflut wenden zu wollen, Austritte zu verzeichnen gehabt. Eindringlich warb Cornelius für die Variante aus der E-Mail Becks, wonach ein Klappaufsteller pro Geschäft geduldet werden sollte: „Für Tabula rasa bekomme ich keine Mehrheit.“ Dazu Klipp: Jeder Kompromiss müsse auf der Basis der geltenden Werbesatzung beruhen.

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