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Was wusste das Rathaus über den Fall Luftschiffhafen?

© Manfred Thomas

Pfusch an Sporthallen: Stadt wollte sparen

Potsdams Stadtverwaltung konnte die Kosten für die Dachsanierung am Luftschiffhafen vor zehn Jahren um eine halbe Million D-Mark senken – mit fatalen Folgen.

Von Katharina Wiechers

Stand:

Potsdam-West - Kostendruck war offenbar der Grund für den Pfusch bei der einsturzgefährdeten Leichtathletikhalle am Potsdamer Luftschiffhafen. Während der Sanierung der Halle vor gut zehn Jahren hätten sich Kostensteigerungen abgezeichnet, sagte der Chef des städtischen Rechnungsprüfungsamts, Christian Erdmann, am gestrigen Montag. Deshalb habe man sich dazu entschieden, die alte Dämmung nur am Rand abzunehmen und ansonsten auf dem Dach zu lassen – vermutlich einer der Gründe für die seit Dezember bekannte mangelnde Standfestigkeit der Halle. Dadurch sei damals rund eine halbe Million D-Mark – also etwa eine viertel Million Euro – eingespart worden, sagte Erdmann.

Unklar sei aber weiterhin, wer die Entscheidung während der laufenden Baumaßnahmen getroffen habe, sagte Erdmann. Dies könnten die ausführenden Firmen vor Ort, der Generalplaner oder Vertreter der Stadtverwaltung gewesen sein. Zwar habe man nun endlich den entscheidenden Ordner, in dem die Baumaßnahmen dokumentiert sind, zur Verfügung gestellt bekommen. Ein Dokument darüber, wer die Entscheidung gefällt hat, fehle darin aber, sagte Erdmann.

Dass die Stadt sparen wollte, sei an sich nicht verwerflich, betonte der Rechnungsprüfer. Die halbe Million hätte sonst die Stadt – nicht etwa die Fördermittelgeber Land oder Bund – zahlen müssen. Allerdings sei die Mehrbelastung auf dem Dach  offenbar nicht von einem Statiker geprüft worden. Zumindest gehe auch das nicht aus den Unterlagen hervor. Wäre alles korrekt gelaufen, hätte der damalige Projektstatiker dem Prüfstatiker die Unterlagen, in denen die entsprechenden Änderungen verzeichnet waren, übergeben müssen. Das ist möglicherweise nicht passiert.

Klären könnte diese Frage möglicherweise der Generalplaner – eine damals bestehende Bürogemeinschaft aus der Krefelder Krawinkel Ingenieure GmbH und dem Architekten Helmut Blöcher aus Kreuztal (beides Nordrhein-Westfalen). Doch die Firmen wurden laut Erdmann nicht befragt, weil sie derzeit von der Stadt verklagt werden. „Das würde zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Sinn machen.“

Das Büro Krawinkel war am späten Montagnachmittag auf PNN-Anfrage nicht mehr zu erreichen. Architekt Blöcher bestätigte, an der Sanierung beteiligt gewesen zu sein. Mit Verweis auf das laufende Verfahren äußerte er sich aber nicht inhaltlich. Auch die seinerzeit in der Stadtverwaltung Verantwortlichen wollten auf Nachfrage nichts sagen – zumindest die damalige Baubeigeordnete Elke von Kuick (SPD). In ihre Amtszeit von 2001 bis 2009 fällt der Großteil der Sanierungsarbeiten an den Hallen und die Bauabnahme. Auftraggeber war damals das städtische Hochbauamt, das damals von Norbert John geleitet wurde – er ist heute Technischer Geschäftsführer des Landesbetriebs für Liegenschaften und Bauen. Er war am Montag im Urlaub und daher nicht zu erreichen.

Alles deute darauf hin, dass die Entscheidung, die alte Dämmung auf dem Dach zu lassen, keine einsame gewesen sei, sagte die Potsdamer Rechtsamtschefin Karin Krusemark, die die Hintergründe des Baupfuschs gemeinsam mit Erdmann untersucht. „Es gab damals Abstimmungen, aber wir wissen nicht, wer beteiligt war.“

Krusemark ist auch für die Klage gegen die Generalplaner Blöcher/Krawinkel zuständig. Konkret wurde gegen die ehemalige Bürogemeinschaft eine Feststellungsklage und ein Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens eingereicht. Dies bestätigte auch Landgerichtssprecher Frank Tiemann den PNN auf Anfrage. Ob eventuelle Ansprüche der Stadt gegenüber dem Generalplaner bereits verjährt sind, sei noch unklar, sagte Krusemark. Möglicherweise könnte der Stadt hierbei aber eine weitere Schlamperei in den Bauakten in die Hände spielen: „Aus den Unterlagen geht erfreulicherweise nicht hervor, wann die Leistungen abgenommen wurden“, sagte sie.

Feierlich übergeben wurden die Hallen übrigens 2003 – am 6. September berichteten die PNN darüber. „Hightech unterm Hallendach“ hieß damals die Überschrift. Dass sich unter dem Dach nicht nur moderne Technik, sondern auch noch die alte Dämmung befand, ahnte keiner. Außer natürlich denjenigen, die es entschieden haben. Bis deren Namen bekannt werden, kann nur noch eine Frage der Zeit sein. (mit mar)

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