Potsdam: Stadtkanal als Druckmittel
UPDATE. Ein Investor droht damit, ein Wohngebäude auf dem Gebiet des einstigen Stadtkanals zu errichten – die Wiederherstellung desselben wäre damit für immer gestorben. Doch nun stellt sich heraus: Der Mann hat eigentlich ganz andere Ziele.
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Mit der Ankündigung, ein Wohnhaus auf der Fläche des ehemaligen Stadtkanals zu bauen und damit die Wiederbelebung desselben für immer unmöglich zu machen, will der Investor die Stadt an anderer Stelle zum Einlenken zwingen. Dahinter steckt der Arzt Daniel P., der so ein Bauprojekt in Nuthetal durchsetzen will. Die Stadtverwaltung ihrerseits wirft P. indirekt einen Erpressungsversuch vor, dem man sich nicht beugen werde.
Konkret geht es um eine Erweiterung des Toom-Baumarktes am Bahnhof Rehbrücke. Der liegt zwar auf Nuthetaler Gebiet, die Anbindung müsste aber über Potsdam erfolgen. So pocht Daniel P., der sich einst vergeblich um den Wiederaufbau der Alten Post bemüht hat, unter anderem darauf, dass die seit Langem geplante Brücke über die Gleise gebaut wird. Lange Wartezeiten an den Bahnübergängen Heinrich-Mann-Allee und Drewitzer Straße würden dann der Vergangenheit angehören und der Südosten Potsdams besser an die Autobahn 115 angeschlossen.
„Das ist für die wirtschaftliche Entwicklung ganz Potsdams wichtig“, sagte der Ingenieur Michael Ahlhorn, der von Daniel P. mit den Planungen für das Projekt beauftragt wurde, am Montag. Er und sein Auftraggeber sind der festen Überzeugung, dass die Stadt schuld an diesem Stillstand ist. „Es müsste ein Machtwort gesprochen werden.“ Und Ahlhorn machte klar: Solange das nicht passiert, wird an dem Bauvorhaben an der Dortustraße festgehalten. „Wenn es an der einen Stelle eine einvernehmlich Regelung gibt, wird es auch an der anderen Stelle eine einvernehmliche Regelung geben.“
Die „andere Stelle“ ist in dem Fall das Grundstück am südlichen Ende der Dortustraße, das Daniel P. Anfang des Jahres vom Land gekauft hat (PNN berichteten). Dort will er laut Ahlhorn ein viergeschossiges Haus mit 50 Wohnungen bauen lassen. Die Wiederherstellung des einstigen Potsdamer Stadtkanals, der auch über eben jenes Grundstück floss, wäre damit gestorben.
Nur 17 200 Euro hat P. für das Grundstück bezahlt – und auch das ist aus Sicht der Stadt sogar noch zu viel. Denn die Fläche ist kein Bau-, sondern Straßenland. Auch der Stadt wurde sie vom Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) angeboten, wie es von der Verwaltung hieß. Allerdings urteilte die kommunale Bewertungsstelle, dass es lediglich 5400 Euro wert ist – und die Stadt lehnte ab. Anschließend schrieb der Landesbetrieb das Grundstück regulär aus und verkaufte an P. An diesem Verfahren durfte sich die Kommune nicht mehr beteiligen, weil sie generell keine Höchstpreise für öffentlich gewidmetes Straßenland bezahlen darf.
Entsprechend groß ist der Ärger im Rathaus. Denn die Verhandlungen liefen lediglich über die Gremien, die Stadtspitze erfuhr von dem Verkauf angeblich nichts und konnte demnach auch nicht beim Land intervenieren. Es sei unverantwortlich, dass der Landesbetrieb ein für die Entwicklung der Landeshauptstadt wichtiges Grundstück im Höchstgebotsverfahren ausgeschrieben habe, kritisierte der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Grüne).
Nun steht Potsdam vor einem Problem, weil P. damit droht, sich auf die umstehende Bebauung zu berufen und aus ihrer Existenz einen Bauantrag für ein Wohnhaus abzuleiten. Denn einen Bebauungsplan, der dies verhindern könnte, gibt es dort nicht. B-Pläne würden erst dann aufgestellt, wenn eine konkrete Bautätigkeit erwartet werde, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow am Montag.
Auch zum Sanierungsgebiet wurde der Bereich nicht erklärt – im Gegensatz zu einem Teil des östlichen Stadtkanals. Der Grund: Man wollte die Entwicklung der Landesministerien, die dort in unmittelbarer Nähe entstanden sind und immer noch gebaut werden, nicht unnötig verkomplizieren, so Brunzlow. „Außerdem hätte vor 15 Jahren keiner gedacht, dass es 2014 ausgerechnet das Land sein würde, das die Wiederherstellung des Stadtkanals erschwert.“
Auf die Forderungen, die Daniel P. für Rehbrücke aufstellt, will Potsdam nicht eingehen. Der Bahnübergang sei derzeit nicht finanzierbar, sagte Brunzlow. Ohnehin hat die Stadt kein Interesse an einer Vergrößerung des Toom-Marktes und der Ansiedlung weiterer Geschäfte, die dort ebenfalls geplant sind – sie würden schließlich Konkurrenz für die Potsdamer Händler bedeuten. Und überhaupt: „Die Landeshauptstadt Potsdam ist nicht erpressbar“, so Klipp.
Auch in Nuthetal ist man wenig begeistert von P.s Vorstoß. „Das ist im Moment wenig hilfreich“, sagte Nuthetals Bauamtsleiter Rainer vom Lehn gegenüber den PNN. Die Gemeinde will derzeit einen Bebauungsplan für das Gewerbegebiet aufstellen. „Die Erschließung des Baumarktes ist eine der zentralen Fragen des Bebauungsplanes“, so vom Lehn. Mittelfristig gehe es auch um die Frage, wann und in welcher Form Potsdam den Bahnübergang durch einen Tunnel oder eine Brücke ersetzt. „Das bekommen wir nur hin, wenn alle Beteiligten vernünftig miteinander reden.“ Davon kann mittlerweile allerdings nicht mehr die Rede sein. (mit hkx)
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