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Stadtrecht für die Kinderstadt am Schlaatz. Potsdamer Oberbürgermeister hat den Bauherren der Stadt gestern das Stadtrecht verliehen  befristet.

© Andreas Klaer

Von Conrad Wilitzki: Stadtrecht für die Kinder

Jakobs übergibt symbolisch Urkunde an seinen „Amtskollegen“ Heinrich

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Gestern Nachmittag im Stadthaus. Eine „hohe“ Zeremonie steht bevor. Die frisch gebaute Stadt der Kinder am Schlaatz soll vom Oberbürgermeister Jann Jakobs symbolisch das Stadtrecht verliehen bekommen. Kurz vor 14 Uhr nehmen die 13 Jungen und drei Mädchen Fahnen schwenkend Jakobs’ Besprechungssaal samt Süßigkeiten und Getränken in Beschlag.

Der Bürgermeister der Kinder-Stadt, Heinrich, ein elf Jahre alter, schlanker Junge mit kurzem Haar und Basecap, nimmt mit seinem „Stadtrat“ am Kopf der Tafel Platz und erwartet seinen „großen“ Amtskollegen. Er selbst ist am Dienstag gewählt worden. Sein Stadtrat ist nicht vollzählig, da ein paar Kinder krank sind. Einige Kinder nehmen ihre Rolle sehr ernst. So sorgt sich etwa ein „Ratsmitglied“ darum, dass jeder, auch der Bürgermeister, den gleichen Anteil an Süßigkeiten bekommt.

Jann Jakobs betritt mit Amtskette den Saal und begrüßt die Besucher. Er erfährt, dass „Potsdupeni“, die hölzerne Kinderstadt, gerade fertiggestellt wurde. Seit Montag letzter Woche wurde sie am Schlaatz im Nuthewäldchen von rund 150 Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren zusammengezimmert und angemalt. „Habt ihr auch eine Bank?“, lautet die erste Frage von Bürgermeister zu Bürgermeister. „Nee, ’ne Sparkasse. Aber die geht pleite.“ Jakobs lässt sich anhand eines Pappmodels die einzelnen Stadtgebäude zeigen. So gibt es zum Beispiel eine Feuerwehr, allerdings ohne Fahrzeuge. Daher wurde die Stadt der Kinder vor kurzem von der „echten“ Feuerwehr Potsdam besucht. Der Oberbürgermeister überreicht dann feierlich die Stadtrecht-Urkunde an Heinrich. Reporter fotografieren und filmen die „Amtspersonen“ und die übrigen Kinder.

Anschließend wirft Jakobs einen Blick in das selbst geschriebene Stadt-Magazin. Ein Erzieher greift zur Gitarre, und die Hymne „Wer will fleißige Handwerker seh''n“ wird von der Versammlung gesungen. Jakobs will wissen, wie das Stadtleben aussieht. Man sollte meinen, dass ein Dorf in der Hand von Kindern kein Geld nötig hätte. Und doch wurde die Papierwährung „Kids“ eingeführt. Das hat selbst unter Kindern Konsequenzen: Paul, der Chef der als „viel zu brutal“ verschrienen Polizei, prügelt sich mit der Räuberbande. Stadträtin Melanie berichtet, dass die Küche für mehr Geld streiken muss. Und Bürgermeister Heinrich erwägt, Steuern zu erheben. Immerhin hat er viel zu tun und muss „richtig lange“ aufbleiben. Dafür wurde er auch mit über 30 Prozent gewählt. Er setzte sich zum Beispiel gegen Paul durch, der nur auf rund zehn Prozent kam. „Das ist ja wie bei mir und Hans-Jürgen Scharfenberg“, witzelt Jakobs. Schließlich ist Scharfenberg der Linke-Konkurrent des SPD-Politikers.

Die Stadt der Kinder, bereits die vierte ihrer Art in Potsdam, verfügt ebenfalls über ein Rathaus, einen Zoo mit Schafen und Ziegen sowie eine Räuberhöhle. Die einzelnen Häuser bleiben heute noch stehen, bevor sie ab nächster Woche abgebaut werden. Dann sollen sie versteigert werden.

Auch für das nächste Jahr ist eine Stadt der Kinder geplant. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt des Bürgerhauses am Schlaatz, dem Abenteuerspielplatz Blauer Daumen, dem Kinder- und Jugendbüro Potsdam, der Evangelischen Kinder- und Jugendstelle, der Kirche im Kiez, dem Werkhaus Potsdam sowie den Kinderklubs Unser Haus und Einsteinkids.

Schließlich verabschiedet Jakobs die Kinderschar. Nicht eine Tüte Gummibärchen bleibt zurück.Conrad Wilitzki

Conrad Wilitzki

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