Sport: Stars auf Abschiedstour
Die Handballer des HSV müssen sparen und bauen ihr Team um – heute spielen sie bei den Füchsen
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Berlin - Einfach mal in Ruhe arbeiten, so ganz sorgenfrei und ohne Schlagzeilen, das hätte Martin Schwalb im Moment gern. Vor ein paar Wochen hat der Trainer von Handball-Bundesligist HSV Hamburg eine Debatte losgetreten, als er seinen Nationalspielern einen WM-Verzicht nahelegte, Stichwort: Überbelastung. Schwalb, selbst 193-facher Nationalspieler, erntete teils heftige Kritik für diesen Vorschlag. In der vergangenen Woche sickerte nun durch, dass sein Klub für die kommende Saison bis zu zwei Millionen Euro an Spielergehältern kürzen will, dass den Norddeutschen ein personeller Umbruch ins Haus steht. „Und im Training sieht es so aus, dass ich täglich in die Runde schaue, ob ich alle Spieler beisammen habe“, sagt Schwalb vor der heutigen Partie des HSV bei den Füchsen Berlin, dem Topspiel des 15. Spieltags (19 Uhr, Max-Schmeling-Halle / live bei Sport1).
Die Verletztenliste ist lang beim HSV, das eint die Hamburger mit den Berlinern, die ebenfalls auf bis zu fünf Spieler verzichten müssen. Trainer Dagur Sigurdsson ließ bereits vorsorglich ein paar mehr A-Junioren bei den Profis mittrainieren. Die Neuauflage des Champions-League-Achtelfinals der Vorsaison, in dem sich die Füchse nach zwei packenden Spielen durchgesetzt hatten – sie droht also zu einem Aufeinandertreffen der Angeschlagenen zu verkommen.
Schwalb betont zwar, „dass wir uns nicht mehr mit der Europapokal-Niederlage beschäftigen“, sportliche Brisanz bietet das Match jedoch schon deshalb, weil eine Niederlage den HSV im Kampf um die Champions-League-Plätze zurückwerfen würde. Und Champions League wollen sie schon spielen bei dem Klub, dem es in den vergangenen sieben Jahren als einzigem deutschen überhaupt gelang, Dauermeister Kiel einen Titel streitig zu machen. Gemeinsam mit den Rhein-Neckar Löwen, die nach dem Absprung ihres Mäzens inzwischen ebenfalls strikten Sparkurs fahren, zählte der HSV zu den ganz wenigen Klubs, die auch in Sachen Wirtschaftlichkeit mit dem übermächtigen THW konkurrieren konnten.
Im vergangenen Jahr war das. Gemessen an der Spielstärke aus dem Meisterjahr wirken die Hamburger aktuell wie ein Schatten ihrer selbst. Viele Leistungsträger sind in die Jahre gekommen, Kritiker halten der Vereinsführung vor, Verjüngungsmaßnahmen im Team verpasst zu haben. Martin Schwalb will diese Diskussion allerdings nicht führen. „Im vergangenen Jahr sind wir mit dem nahezu gleichen Kader Deutscher Meister geworden“, sagt der Trainer und zitiert eine Otto-Rehhagel-Binsenweisheit: „Es ist nicht die Frage nach alten oder jungen Spielern, sondern nach guten und weniger guten – und danach, ob sie überhaupt zur Verfügung stehen.“
Mit Blick auf die nächste Saison gilt jedenfalls als gesichert, dass den Hamburgern einige Akteure nicht mehr zur Verfügung stehen werden: Marcin Lijewski, Torsten Jansen, Spielmacher Michael Kraus, Igor Vori und Torwart Dan Beutler heißen dem Vernehmen nach die Streichkandidaten, fast ausnahmslos Stützen des Meisterteams und damit Großverdiener. Im Gegenzug kommt Nationalspieler Adrian Pfahl aus Gummersbach. „Ich bin überzeugt, dass wir auch in den kommenden Jahren eine gute Rolle in der Bundesliga spielen werden“, sagt Martin Schwalb. Zunächst geht das Meisterteam von 2011 aber erst einmal auf Abschiedstour. Christoph Dach
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