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Von Guido Berg: Stationäre Psychiatrie zieht in die Innenstadt

Aufsichtsrat gibt grünes Licht / Neubau am Hauptstandort / Drei ambulante Außenstationen / Standort Aue wird Senioren-Zentrum

Stand:

Innenstadt/Babelsberg - Das Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ wird die 98 Betten der stationären Psychiatrie vom Standort In der Aue an den Hauptstandort in der Charlottenstraße verlegen. Dazu soll bis 2014 am Hauptstandort in der Innenstadt ein 100-Betten-Neubau für etwa 22 Millionen Euro errichtet werden. Der Aufsichtsrat des kommunalen Klinikums habe diese Pläne „fast einstimmig“ beschlossen, erklärte Klinikum-Geschäftsführer Steffen Grebner gestern vor Journalisten. Lediglich ein Aufsichtsratsmitglied habe sich der Stimme enthalten.

Gleichzeitig plant das 1000-Betten- Krankenhaus eine Ausweitung der ambulanten und teilstationären psychiatrischen Versorgung. Dazu soll nicht nur In der Aue in Babelsberg ein Angebot aufrechterhalten werden. Vielmehr plant das Klinikum die Schaffung zwei weiterer Psychiatrischer Institutsambulanzen (PIA). Die eine werde sich im Potsdamer Norden befinden, voraussichtlich im Bornstedter Feld, die andere im Bereich Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf. Grebner: „Die Hilfe muss zu den Menschen kommen. Wir warten nicht, bis sie zu uns kommen.“

Der Klinikumsstandort In der Aue soll ferner zu einem Zentrum „für die zweite Lebenshälfte“ ausgebaut werden, informierte Grebner. Dies werde mit einem Partner geschehen. „Dazu fehlt uns allein die Kompetenz“, so Grebner. Ein entsprechendes Interessenbekundungsverfahren starte im Frühjahr 2011. Grebner zufolge reichten die 40 Betten und die 60 Plätze für betreutes Wohnen nicht aus, die das Klinikum am Standort in der Geschwister-Scholl-Straße unterhält. Ein neues Seniorenheim im Standort In der Aue „ist denkbar“, so Grebner.

Chefarzt Doktor Christian Kieser, Leiter des Zentrums für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, begrüßte die Pläne ausdrücklich. Es gebe in den 200 Kliniken Deutschlands, in denen sich die psychiatrischen Abteilungen im allgemeinen Krankenhaus befinden, durchweg positive Erfahrungen. Die Integration der stationären Behandlung psychisch Kranker in den Bereich, wo die übrigen körperlich Erkrankten behandelt werden, bedeute das Ende „von Diskriminierung und Stigmatisierung“. Die Behandlungsschwelle sinke. Künftig könnten auch psychisch Erkrankte sagen: „Ich gehe ins Krankenhaus“, so Kieser. Das neue Gebäude der Psychiatrie werde durch den Haupteingang erreichbar sein.

Kieser zufolge verbessert sich zudem die medizinische Versorgung, denn 50 bis 60 Prozent der psychisch Erkrankten benötigten auch eine Behandlung körperlicher Beschwerden. Bislang mussten Patienten zur Behandlung mit aufwendiger Apparatemedizin von der Aue ins Hauptgebäude in der Innenstadt gefahren werden. 38 Fahrzeuge, ergänzte Grebner, fahren derzeit zwischen den beiden Klinikumsstandorten hin und her. Dies werde künftig in dem derzeitigen Umfang nicht mehr nötig sein. Kieser zufolge entspricht die Integration von psychischer und körperlicher Behandlung an gemeinsamen Standorten den Empfehlungen von nationalen und internationalen Fachgremien. Für Professor Hubertus Wenisch, Ärztlicher Direktor des Klinikums, ist das „das Königsargument“, wenn ihm die Fachkollegen sagen, sie können so ihre Patienten besser behandeln.

Anlass für einen Neubau am Hauptstandort gebe auch die Tatsache, dass die Zulassung für Container, in der die psychiatrischen Abteilungen in Teilen bislang untergebracht sind, 2011 endet und nur noch einmal um fünf Jahre verlängert werden können, so Grebner. Im kommenden Jahr werde daher eine Raumplanung für den Neubau erarbeitet und ein Gesamtkonzept erstellt und die genauen Baukosten ermittelt werden. Ferner werde bei der Landesregierung Brandenburg ein Antrag auf Förderung des Neubaus gestellt. Grebner hofft auf eine Förderung von 80 bis 85 Prozent der Gesamtkosten, den Rest werde das Klinikum aus Eigenmitteln aufbringen. Sollten die Förderanträge noch 2011 positiv entschieden werden, könnte Grebner zufolge im Jahr 2012 Baubeginn und 2014 das neue Psychiatrie-Gebäude fertig sein und der Umzug erfolgen.

Die früh bekannt gewordenen Überlegungen einer Verlegung der Psychiatrie an den Klinikumshauptstandort war nach PNN-Informationen durch Skepsis sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei Patienten verbunden. Dazu erklärten Grebner und Kieser, es werde kein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlieren. Vielmehr sei es wahrscheinlich, dass neue Mitarbeiter eingestellt werden, etwa für die geplanten künftigen drei ambulanten Außenstellen. Hinsichtlich der Patienten zeigte sich Chefarzt Kieser zuversichtlich, diese von den Vorteilen der Integration der stationären Psychiatrie an den Hauptstandort zu überzeugen.

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