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Landeshauptstadt: Steine gegen Scheiben

Beschädigung an „Seerose“ / Politischer Hintergrund

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Beschädigung an „Seerose“ / Politischer Hintergrund Innenstadt - Für Arno Schweitzer, Betreiber des Restaurants „Seerose“ an der Havelbucht, sind eingeworfene Scheiben nichts Neues. In den vergangenen Jahren, fast immer wenn die Gaststätte vom Potsdamer Kreisverband vom Bund der Vertriebenen (BdV) für Feiern gemietet wurde, ging im Vorfeld Fensterglas zu Bruch. „Mal eine, auch mal drei Scheiben“, so Schweitzer. Doch in der Nacht zum Donnerstag, bevor sich verschiedene Landesmannschaften des BdV in der „Seerose“ trafen, warfen Unbekannte 17 Scheiben mit Pflastersteinen ein. „Fast hätte ich die Gaststätte für längere Zeit schließen müssen“, erklärt er. Für die Potsdamer Polizei lassen sich die eingeworfenen Scheiben erstmals eindeutig als politisch motivierte Tat verfolgen, da mit roter Farbe über die Eingangstür „Vertriebene vertreiben“ geschrieben stand, erklärte Sprecherin Angelika Christen. Mit dem Kreisverband des BdV wurde schon Kontakt aufgenommen, um in Zukunft geeignete polizeiliche Maßnahme im Vorfeld als auch während der Treffen zu gewährleisten. Dazu gehöre auch die verstärkte Beobachtung von solchermaßen gefährdeten Objekten, zu denen auch das Glockenspiel gehört, das immer wieder durch Anschläge beschädigt wurde. Die in den vergangenen Jahren insgesamt viermal zur Anzeige gebrachten Scheibeneinwürfe an dem Restaurant „Seerose“ sollen nun noch einmal genauer untersucht und mit dem aktuellen Vorfall verglichen werden. Dann übernimmt die Staatsanwaltschaft die Akten und überprüft den Verdacht einer politisch motivierten Straftat, so Christen. Bei Harry Horlitz, Vorsitzender des Kreisverband Potsdam des BdV, stößt die Tat auf völliges Unverständnis. Seit 1998 treffen sich die verschiedenen Landsmanschaften regelmäßig vier- bis fünfmal im Jahr zu Feierlichkeiten. Dabei gehe es um den Gedankenaustausch, werde über gemeinsame Reisen in ihre frühere Heimat gesprochen. „Aber wir sind keine Ostlandritter“, betont Horlitz. „Wir wollen keine Grenzverschiebung, weder eine Rückkehr noch eine finanzielle Entschädigung von der polnischen Regierung.“ Auch distanziere sich der BdV von der dubiosen Preußischen Treuhand, die erst kürzlich mit Entschädigungsforderungen an Polen in der Öffentlichkeit aufgefallen ist. Ihnen gehe es um Erinnerungskultur, so Horlitz. Dazu gehören regelmäßige Fahrten unter anderem auch nach Polen. Erst im vergangenen Jahr habe er in seinem Geburtsort Sycowice eine Gedenktafel für die Opfer des II. Weltkrieges in der dortigen Kirche anbringen können. Scharf verurteilt er den gesichtslosen und feigen Anschlag auf die „Seerose“. Betreiber Schweitzer lässt sich von den zerbrochenen Scheiben nicht einschüchtern. „Alles andere wäre eine Niederlage“, erklärt er. Auch weiterhin will er die „Seerose“ an den BdV für Treffen und Feiern vermieten. Dirk Becker

Dirk Becker

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