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Herr in seinem Haus. Präsident Dirk Zingler will seinen Klub in die Moderne führen. Wenn es sein muss, auch mit umstrittenen Aktionen wie hier während der WM.

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Sport: Steine statt Beine

Der 1. FC Union investiert weiter in seine Infrastruktur und schreibt trotzdem schwarze Zahlen

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Berlin - Es ist noch nicht lange her, da hat der 1. FC Union eine sozialwissenschaftliche Untersuchung seiner Anhängerschaft in Auftrag gegeben. Der Berliner Zweitligist wollte wissen, in welchem gesellschaftlichen Milieu sich die Menschen bewegen, die an den Spieltagen in die Alte Försterei kommen. Das Ergebnis überraschte: Die am stärksten wachsende Gruppe ist die der Besserverdiener und Angestellten, dazu gibt es eine hohe Quote von Erstbesuchern. Union hat sich längst geöffnet und weiterentwickelt, ohne seine Identität als Arbeiterverein aufzugeben.

Wie sich der Klub in Zukunft dem Wettbewerb im Fußballgeschäft stellen will, erklärte Präsident Dirk Zingler am Dienstagabend auf der Mitgliederversammlung (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe). Dass es dort aufgeregter als in der jüngeren Vergangenheit zugehen könnte, war nicht zu erwarten. Der 1. FC Union ist ein prosperierendes Fußballunternehmen, das auf einer soliden wirtschaftlichen Basis steht.

Zum achten Mal in Folge schrieb der Verein auch im Geschäftsjahr 2013/14 schwarze Zahlen. Ausgaben von 26,659 Millionen Euro stehen Einnahmen von 27,269 Millionen Euro gegenüber. Macht einen Gewinn von 610 000 Euro. Auch in den Bereichen Zuschauer (im Schnitt 19 809), Sponsoren (301) und Mitglieder (12 054) konnten neue Bestmarken erzielt werden.

„Ich bin mit der Vereinsentwicklung sehr zufrieden“, sagt Präsident Dirk Zingler. Mit Recht. Der 1. FC Union ist längst die Nummer eins der ehemaligen DDR-Klubs – sportlich wie wirtschaftlich. An Vereinen wie Hansa Rostock, Dynamo Dresden, 1. FC Magdeburg oder Carl Zeiss Jena sind die Berliner längst vorbeigezogen. Von den einst 15 Millionen Euro Verbindlichkeiten an den Investor Michael Kölmel sind mittlerweile nur noch 5,8 Millionen Euro ausstehend. Soweit die positiven Nachrichten.

Die sportlich angespannte Situation mit Tabellenplatz dreizehn, der personelle Umbruch und die Startschwierigkeiten unter dem neuen Trainer Norbert Düwel versuchte Zingler zu relativieren. „Wir sind in den vergangenen acht Jahren immer einen Schritt nach vorn gegangen. Da ist es nur logisch, dass es nun auch mal einen Schritt zurück gibt.“ Dem Trainer sprach er das Vertrauen aus. „Viele der Mannschaften, die in der Tabelle vor uns stehen, haben schon den Trainer gewechselt und sind auch nicht erfolgreicher. Unserer Erfahrung nach wirkt sich kontinuierliches Arbeiten besser aus als ständiges Wechseln“, sagte Zingler.

Der Präsident hat sich ganz der wirtschaftlichen Entwicklung verschrieben. Er will auch in Zukunft eher in Vermögenswerte und Infrastrukturprojekte investieren als zu viel Geld in die Profimannschaft zu stecken. Im laufenden Geschäftsjahr rechnet der Verein mit einem leichten Gewinnrückgang, geplant sind Gewinne um die 120 000 Euro. Ein Grund dafür ist das frühe Scheitern im DFB-Pokal. In der vergangenen Saison kam Union dort in die dritte Runde. Auch für die Lizenzspielerabteilung stehen aktuell 144 000 Euro weniger zur Verfügung.

Nach dem erfolgreichen Stadionumbau bemüht sich der Verein derzeit um Grundstücke im unmittelbaren Umfeld der Alten Försterei. Ihr Kauf hat laut Zingler eine höhere Priorität „als der Kauf eines Stürmers, der nach zwei Jahren vielleicht wieder weg ist“.

Union investiert in Steine, nicht in Beine. Das vor wenigen Jahren ausgegebene Ziel, in die Bundesliga aufzusteigen, hat Zingler trotzdem nicht verworfen. „Wir sind ein Zweitligist und wollen so gut wie möglich in der Zweiten Liga bestehen. Was nicht heißt, dass wir nicht aufsteigen wollen. Die Frage ist nur wann. Das kann sich plötzlich ergeben, das kann aber auch noch zehn Jahre dauern“, sagt er.

2024 wäre Dirk Zingler genau zwanzig Jahre Union-Präsident. Gegen den Aufstieg als Geschenk zum Dienstjubiläum würde er sicher nichts einzuwenden haben. Sebastian Stier

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