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Landeshauptstadt: Steinerne Riesen kamen ins Wanken

Nach „Kyrill“ und vor dem 300. Geburtstag von Friedrich II.: Schlösserstiftung sichert Standfestigkeit der Attikaskulpturen auf dem Neuen Palais

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78 Skulpturen ließ Friedrich der Große ringsum auf der Attika des Neuen Palais aufstellen. Wie das 1763 bis 1769 errichtete riesige Schloss selbst spiegeln die meist kriegerischen Sandsteinkolosse das Siegesgefühl des Königs, dessen Reich zwar lädiert, aber ungeschlagen aus dem Siebenjährigen Krieg herausgekommen war. Vier der Figuren sind jetzt restauriert worden und wurden gestern mit Hilfe eines Krans wieder auf ihren Standort in 26 Meter Höhe gehoben.

Eine der beiden 3,20 Meter hohen und mehr als zwei Tonnen schweren Damen schwingt eine Keule, die zweite hat einen Drachenhelm auf ihr Haupt gestülpt. Dieser wenig holden Weiblichkeit gesellen sich ein grimmiger Krieger und ein Gott hinzu, in dem man Apoll zu erkennen glaubt. Wer die Figuren geschaffen hat und wen sie darstellen, weiß bisher nicht einmal die Stiftungskustodin der Skulpturensammlung, Saskia Hüneke, ganz genau. Der Alte Fritz hatte, als er das Palais bauen ließ, vor allem aus Bayreuth eine Schar junger, weniger bekannter Bildhauer nach Potsdam geholt. Aus deren Abrechnungen geht nicht hervor, welche Skulptur denn nun aus der Werkstatt von Joseph Joachim Kaplunger, Gottfried Jenner, Georg Hennicke oder Johann Schnegg kam. Ebenso wenig konnte bislang die Ikonografie (Sinngebung) des bildhauerischen Schmucks bis ins Letzte entschlüsselt werden. Auf diesen Gebieten will Hüneke aber verstärkt forschen, so durch Stilvergleiche, die durch die Abnahme der Figuren und die Restaurierung erleichtert werden.

Die Leiterin der Skulpturenwerkstatt der Stiftung, Katrin Lange, ist froh, dass die ersten vier Attikabildwerke wieder auf sicheren Füßen stehen. Obwohl sie in den 70er Jahren bereits einmal restauriert wurden, haben ihnen Wind und Regen erneut schwer zugesetzt. Neben Verwitterungerscheinungen am Sandstein sind die vor sich hin rostenden eisernen Befestigungsanker und Keile das Kardinalproblem. Sie geben Feuchtigkeit ab, die im Winter gefriert und Risse in den Stein sprengt. Davon sind vor allem die Plinthen (Sockelplatten) betroffen, wodurch die steinernen Riesen ins Wanken geraten. Der Orkan „Kyrill“ kippte kürzlich eine Figur, die nach innen aufs Dach fiel. Für vier Attikaskulpturen ist durch die Reparatur der Plinthen und die Restaurierung, die in der Werkstatt des Berliner Bildhauers Andreas Hofacker ausgeführt wurde, die Gefahr nun abgewendet. In Kürze werden die nächsten vier heruntergehoben und restauriert. Die Arbeiten sollten zunächst in luftiger Höhe ausgeführt werden, doch dies ließ der schlechte Zustand der Plinthen nicht zu.

Insgesamt stehen an der Gartenseite 26 Attikafiguren, die besonders stark von der Korrosion betroffen sind. Deshalb wurde hier mit den Arbeiten begonnen. Je Skulptur müssen etwa 8000 Euro aufgewendet werden. Katrin Lange ist zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren gut die Hälfte davon restauriert werden kann. Alle am aus tausenden Kunstwerken bestehenden bildhauerischen Schmuck des Neuen Palais notwendigen Aufgaben in Angriff zu nehmen reiche jedoch die personelle und finanzielle Ausstattung der Stiftung nicht aus. Deshalb hoffen auch Kustodin und Werkstattleiterin auf ein Sonderfinanzierungsprogramm, das von der Generaldirektion der Stiftung gefordert wird. Es soll vor allem dem Neuen Palais zugute kommen, an und in dem die Sanierung und Restaurierung so vorangetrieben werden soll, dass es 2012 Mittelpunkt der Veranstaltungen zum 300. Geburtstag seines Bauherren, des Preußenkönigs Friedrich II., werden kann.

Erhart Hohenstein

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