Landeshauptstadt: Sterne ertrinken im Licht
Lichtschutzsatzung der Stadt Potsdam liegt auf Eis
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Babelsberg – Die wissenschaftliche Beobachtung des nächtlichen Himmels ist zunehmend durch die Stadtbeleuchtung erschwert. Das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP) hat daher schon vor Jahren für das Stadtgebiet eine „Lichtschutzsatzung“ gefordert. „Die Satzung ist offenbar ins Niemandsland abgeschoben“, bemerkt Dr. Axel Schwope, der das Anliegen damals im Umwelt- und Bauausschuss vorgetragen hatte.
Auf Beschluss der Stadtverordneten habe zwar eine öffentliche Auslegung stattgefunden, zu einem Beschluss sei es jedoch bis heute nicht gekommen. „Arbeitsüberlastung“ nannte der zuständige Fachbereich auf Nachfragen als Grund.
Ein besserer Lichtschutz im Interesse astronomische Beobachtungen hält Shehan Bonatz, verantwortlich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am AIP, nach wie vor für sinnvoll. Sie berichtet, dass das Institut erst kürzlich das neue Spiegelteleskop „RoboTel“ für 350000 Euro aus Mitteln der Europäischen Union angeschafft habe. Das Teleskop, das auf dem Schwazschild-Haus steht, solle noch in diesem Jahr in Betrieb gehen. Es werde nicht nur für Studenten, sondern zu einem großen Teil auch Schülern für nächtliche Beobachtungen zur Verfügung stehen, kündigt Bonatz an. Die Beobachtungen würden durch die Stadthelligkeit zum Teil erheblich beeinträchtigt. „Die Sterne ertrinken im Licht“. Die Datenqualität werde durch Flutlicht und nach oben strahlende Straßenlaternen verschlechtert. Bonatz erzählt, dass es in der Öffentlichkeit viel Verständnis für das Anliegen des AIP gebe. So habe ein pensionierter Mitarbeiter mit einzelnen Villenbesitzern und Bauherren rund um die Sternwarte gesprochen, die sich sehr aufgeschlossen zeigten. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten habe sogar auf eine neue Beleuchtung am Schloss Babelsberg verzichtet, um die Arbeit der Astronomen nicht zu beeinträchtigen.
Wenn die Lichtschutzsatzung, die es in ähnlicher Form zum Beispiel in der Stadt Augsburg gebe, in Kraft träte, würde laut Schwope das Areal um die Sternwarte in drei Zonen eingeteilt, in der abgestufte Beleuchtungsstärken zugelassen oder ausgeschlossen seien. „Das Gebiet um die Sternwarte soll am dunkelsten sein“, so das Ziel. Mit dem Teleskop sind immer wieder neue Entdeckungen in Potsdam gemacht worden und auch in der Zukunft gebe es noch viel zu erforschen, berichtet der Astronom. So würden an 30 Nächten im Jahr Beobachtungen mit dem 70-Zentimeter-Spiegelteleskop, das sich in der Westkuppel des AIP befinde, gemacht. Schwerpunkt seien Forschungen an so genannten veränderlichen Sternen. Die Ergebnisse würden in Diplom- und Doktorarbeiten einfließen. „Die Lichtschutzsatzung ist immer noch wünschenswert“, sagt Schwope. „Ich werde mich daher weiter mindestens einmal im Jahr bei der Stadtverwaltung melden, damit dort unser Anliegen nicht vergessen wird.“ Günter Schenke
Günter Schenke
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