zum Hauptinhalt

Sport: Sternstunde vor Traumkulisse

Der Fußball-Verbandsligist FSV 63 Luckenwalde tritt heute gegen Ballack & Co. an

Stand:

Das Vereinsgelände des FSV 63 Luckenwalde war gestern menschenleer. Ausnahmezustand bei einem Verein, bei dem derzeit die Stimmung zwischen Abstiegsangst und Euphorie schwankt. Der ersteren wurde am Sonnabend mit einem 4:1-Erfolg gegen Union Fürstenwalde begegnet – die Männer aus dem Fläming stehen nun auf Platz acht der Fußball-Verbandsliga. Die Euphorie soll hingegen nicht gebremst werden, denn schließlich steht heute im Mannheimer Carl-Benz- Stadion das „Spiel der Spiele“ auf dem Programm. Luckenwalde darf als Gewinner der Aktion „Club 2006 Die FIFA WM im Verein“, an der sich 4300 Amateur-Vereine beteiligt hatten, heute gegen die deutsche National-Elf antreten: Für den fünftklassigen Verein und seine im Durchschnitt 21 Jahre jungen Spieler ist dies die Sternstunde der Vereinsgeschichte. Das Abenteuer hat bereits am Sonnag mit einem Trainingslager an der Sportschule Schöneck bei Karlsruhe begonnen.

„Ich bekomme das Spiel nicht mehr aus dem Kopf“, sagt Defensivmann Martin Lorenz, der am Potsdamer Hasso- Plattner-Institut Softwaresystemtechnik studiert. „Viele fragen uns, wie hoch wir verlieren wollen. Auf keinen Fall zweistellig, und ein Tor wollen wir schießen“, so der 23-Jährige, der durchaus einen Zusammenhang zwischen dem „Superspiel“ und der Talfahrt in der Rückrunde der Verbandsliga sieht. Die Spieler würden sich schon in Mannheim gegen Ballack, Klose & Co. sehen. „Da ist der Alltag in der Liga eventuell nicht ganz so relevant.“

Eines haben sich die Luckenwalder für das Spiel jedoch fest vorgenommen. Sie wollen sich vor den 20 000 Zuschauern mit den Champions zwar messen und denen zeigen, dass sie ein läuferisch und kämpferisch starkes Team sind. Auf der anderen Seite wird die in der Liga ansonsten normale Härte diesmal außen vor gelassen. „Wir werden mit überfairen Mitteln zu Werke gehen“, versichert Lorenz. „So kurz vor der WM wollen wir doch keinen Nationalspieler verletzen.“

Über Unterstützung aus der Heimat werden sich die Kicker während des 60-minütigen Spiels nicht beklagen können: Mehr als 3000 Fans machen sich auf den Weg nach Mannheim. Etwa die Hälfte von ihnen fährt in zwei Sonderzügen – für verdiente Ehrenamtliche steht ab Frankfurt am Main der Weltmeisterzug von 1954 bereit. Ganz wie einem der großen Gegner wird es indes Michael Braune gehen. Der Luckenwalder Defensivspezialist wird wegen einer unaufschiebbaren Prüfung heute eigens eingeflogen, um dann die Sonderbewachung von Nationalelf-Kapitän Michael Ballack zu übernehmen.

Um die Motivation seiner Schützlinge muss sich FSV-Coach Frieder Andrich, der einst für Stahl Riesa und den FC Vorwärts Frankfurt/Oder 277 Mal in der DDR-Oberliga spielte, wahrlich keine Sorgen machen: „Seitdem die Wahl bei der Kampagne ,Klub 2006“ auf uns fiel, ist jeder im Verein heiß auf dieses Spiel“, so der Trainer, der in Schöneck einen namhaften Kollegen an seiner Seite hatte. Klaus „Schlappi“ Schlappner, einstiger Bundesliga-Coach des SV Waldhof Mannheim, brachte gemeinsam mit ihm die Luckenwalder Kicker noch mehr in Form.

Die ARD überträgt das Spiel heute live ab 17.05 Uhr; in der Halbzeitpause wird das bewährte Duo Günter Netzer und Gerhard Delling den Kampf David gegen Goliath analysieren. Auf dem Luckenwalder Marktplatz werden die Daheimgebliebenen das „Spiel der Spiele“ auf einer Großleinwand verfolgen können und zumindest sehen, dass „ihre Jungs“ auf dem Platz eine gute Figur abgeben. Damit sie dies auch davor und danach tun, spendierte der DFB ein komplettes Outfit mit gelb-blauen Jerseys, mit Basecaps und schicken Anzügen. Die jedoch werden den jungen Luckenwalder Kickern wohl nicht ganz so wichtig sein. Martin Lorenz beispielsweise will nach dem Spiel die Mannheimer Arena mit einem ganz besonderen Andenken verlassen: mit dem Trikot seines Lieblingsspielers Bastian Schweinsteiger vom FC Bayern München. Unter Verwendung von ddp und dpa

Henner Mallwitz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })