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Landeshauptstadt: Stiefkind Regattahaus

Verein ArchitraV erinnert an die Werke des Architekten Reinhold Mohr

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In Potsdam mit seiner Fülle barocker und klassizistischer Baudenkmale hat es zeitgenössische Architektur schwer. So ist auch einer ihrer bemerkenswertesten Vertreter, der langjährige Stadtbaudirektor Reinhold Mohr (1882-1978), fast in Vergessenheit geraten. Dies will der Architekturverein ArchitraV nun ändern. Der Vereinsvorsitzende Thomas Sander nennt Bauten, die Potsdam dem seit 1911 im Stadtbauamt angestellten gebürtigen Stuttgarter verdankt: das 1925 bis 1927 errichtete Hauptgebäude des Städtischen Krankenhauses (heute Klinikum), Turnhalle und Räume, so für das berühmte Arabicum, in der Villa Gutmann, das einstige Depot der Straßenreinigung an der Ecke Hebbel- und Gutenbergstraße (1929/30), den Land- und Wassersportplatz Luftschiffhafen, das Regattahaus mit dem Musikpavillon, die Tribüne des Stadions Luftschiffhafen (1926), die Siedlung Am Stadtrand (1932-1934).

Thomas Sander weist darauf hin, dass sich einige dieser Gebäude in bedenklichem Bauzustand befinden. Dies betrifft den 1929/30 errichteten Klinkerbau auf dem ehemaligen Gelände der Stadtreinigung, wo heute Depots, Werkstätten und Sammlungen des Potsdam-Museums und des Naturkunde-Museums untergebracht sind. Nach deren Verlagerung, so der Leiter des Kommunalen Immobilienservices (KIS), Bernd Richter, gegenüber PNN, stehe ein Unternehmen bereit, um das Gebiet als Gewerbestandort zu entwickeln. Vorgesehen ist u.a. ein Einkaufsmarkt. Für das Potsdam-Museum soll diese Verlagerung in dafür auf dem Tornow hergerichtete Räume in Kürze beginnen, für das Naturkundemuseum steht allerdings eine Lösung noch aus. „Die Frage ist nur: Was geschieht dann mit denkmalgeschützten Mohr-Bau?“, sagt Thomas Sander.

Noch mehr Sorgen bereitet das Regattahaus auf dem Gelände der Ostdeutschen Landesbausparkasse (LBS) am Luftschiffhafen. Das holzverschalte, in drei sich verjüngenden Etagen aufsteigende Gebäude kann in seinen expressionistischen Formen als ein Meisterwerk Reinhold Mohrs angesehen werden. 1926 errichtet, diente es als Zentrale für wassersportliche Wettkämpfe und als Terrassenrestaurant. In der DDR-Zeit wurde es vom Armeesportklub (ASK) Vorwärts Potsdam genutzt. Seit 1995 steht es unter Denkmalschutz. Heute bietet das ursprünglich weiß leuchtende Regattahaus verwittert einen ernüchternden Anblick. Die LBS hat ihre Pläne aufgegeben, das Gebäude zu einem Gästehaus auszubauen, es ist inzwischen aber durch eine Notreparatur des Daches und Zunageln der Fenster vor weiterem Verfall und vor Vandalismus gesichert. Einen Verkauf erwäge man nicht, erklärte Unternehmenssprecher Uwe Krink, suche jedoch einen Investor und neuen Nutzer. Der sei aber für das teure „Liebhaberstück“ schwer zu finden, deshalb werde man weiter abwarten.

Diese Auskunft bedeutet, dass die LBS dem Verein ArchitraV das Regattahaus nicht für eine Ausstellung zum Tag des Offenen Denkmals zur Verfügung stellt, wie das in den Vorjahren in Baudenkmalen gelang, deren Sanierung begonnen hatte. Der Verein ist deshalb weiter auf der Suche nach einem solchen Ort. Dazu hat er den ebenfalls von Reinhold Mohr im Jahr 1934 dem Regattahaus hinzugefügten, außerhalb des LBS-Geländes liegenden Musikpavillon in Augenschein genommen. Die stark beschädigte Stahlbaukonstruktion, deren Verglasung zerstört ist, eignet sich jedoch nicht dafür. Als Variante bliebe vielleicht die überdachte Tribüne des Stadions Luftschiffhafen.

Während die Ausstellung also noch nicht gesichert ist, befindet sich ein Kalender über das Leben und das berufliche Wirken Reinhold Mohrs bereits in Arbeit, informierte der Verein. Ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf soll in die Instandsetzung des gefährdeten Musikpavillons fließen, über den ArchitraV die Patenschaft übernehmen möchte. Dazu sei allerdings eine weitere finanzielle Förderung vonnöten. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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