Uferwege in Potsdam: Stillstand am Griebnitzsee
Das Griebnitzsee-Ufer in Potsdam ist seit Jahren umkämpft. Die Stadt will einen Weg, Anrainer blockieren. Wie es weitergehen kann.
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Potsdam - Vielleicht ist der Status quo im jahrelangen Streit um einen Uferweg am Griebnitzsee für alle Beteiligten sogar ganz angenehm. Die Eigentümer der Wassergrundstücke müssen der Öffentlichkeit keinen Platz einräumen. Die Potsdamer Stadtspitze wiederum muss sich nicht entscheiden, ob sie in das Enteignungsverfahren einsteigt oder nicht. An der vertrackten Lage hat sich jedenfalls in den vergangenen Monaten nicht viel geändert. Ein offener Uferweg ist auf Jahre, eher noch Jahrzehnte, nicht in Sicht.
Denn auch die Suche nach einem Kompromiss bei der seit mehr als einem Jahr laufenden Mediation kommt offenbar nicht voran. Mediator Karsten-Michael Ortloff wollte sich auf Anfrage nicht zum Verlauf der Gespräche mit Anrainern und Stadt äußern. Auch zur voraussichtlichen weiteren Dauer der Mediation wollte er keine Angaben machen.
Keine Kompromisse mit der Stadt Potsdam
Die Uferweg-Beauftragte der Stadt, Kerstin Nicke, hatte sich zuletzt zuversichtlich gezeigt, dass die Mediation positiv beendet werden könne. Allerdings gibt es bislang aus Sicht der Stadt erst einen Erfolg – also eine Vereinbarung mit einem Anrainer zugunsten eines öffentlichen Uferwegs über sein Grundstück. Mit den übrigen 19 Klägern gegen den Ufer-Bebauungsplan laufen laut Nicke sogenannte Dreier-Gespräche.
Dabei hat die Stadtbeauftragte einen schweren Stand. Die Haltung der klagenden Anrainer ist unverändert. Anwalt Reiner Geulen, der vier dieser Grundstückseigentümer vertritt, sieht keinen Grund für Kompromisse mit der Stadt. „Der Uferweg kann in den nächsten 20 Jahren nicht realisiert werden, und danach auch nicht“, sagte Geulen den PNN. So müssten zunächst alle verwaltungsrechtlichen Verfahren abgeschlossen sein – und dann wäre ein schwieriges und langfristiges Enteignungsverfahren erforderlich.
Mängel seien nicht heilbar
Auch die jüngst erfolgte erneute öffentliche Auslegung des Bebauungsplans ändere nichts daran, dass dieser unzulässig sei, sagte Geulen. Er habe mehrere Einwendungen gestellt. Auch gelte der Normenkontrollantrag weiterhin, der den B-Plan möglicherweise nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts zu Fall bringen könnte. Derzeit ist das gerichtliche Verfahren ausgesetzt, so lange die Mediation läuft.
Weiterhin gebe es „substantielle Verfahrensmängel“, sagte Anwalt Geulen. „Der gesamte Bebauungsplan muss neu aufgestellt werden.“ Eine nachträgliche Bürgerbeteiligung, die die Stadt jetzt versucht habe, sei ungenügend, die Mängel seien „nicht heilbar“. Geulen bezeichnete es als eine „politische Alibiveranstaltung“, dass die Stadt weiterhin an einem Uferweg festhalte. Auch seien die Planungs- und Prozesskosten für die Stadt enorm hoch und vergebens. „Es wäre besser, die Stadt würde das Geld für Kindergärten oder ordentliche Schulen ausgeben“, so Geulen.
Anrainer am Griebnitzsee verlieren die Geduld
Rechtsanwalt Christoph Partsch, der nach eigenen Angaben 15 der 20 Eigentümer vertritt, die den Weg über ihre Grundstücke gesperrt haben, rechnet nicht mit einem Uferweg in absehbarer Zeit. Die Anrainer würden langsam die Geduld verlieren – er habe jüngst drei neue Mandate bekommen.
Der Vorsitzende der Bürgerinitiative „Griebnitzsee für alle“, Walter Raffauf, ist in Bezug auf eine gütliche Einigung mit den Anrainern mittlerweile eher pessimistisch – wenn auch aus anderen Motiven. „Ich sehe da keinen Sinn mehr. Wie lange soll das noch gehen?“, sagte er den PNN. Er sehe, dass dadurch lediglich die Anrainer „Zeit gewinnen“. Sein Verein unterstütze die Pläne der Stadt für einen Uferweg, der aber nur mit einem Enteignungsverfahren durchgesetzt werden könne. Und das ist juristisch immer die letzte Alternative.
Uferweg wird sich weiter verzögern
Wie berichtet war die Öffentlichkeitsbeteiligung am Uferweg-Bebauungsplan 125 im Frühjahr wegen Verfahrensfehlern wiederholt worden. Nach Darstellung der Stadt hatte das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil neue Anforderungen für Bebauungspläne gestellt – erst nachdem der Potsdamer Uferweg-Plan schon fertig war. Die neuen Anforderungen bezogen sich vor allem auf die Benennung von Umweltbelangen in der Veröffentlichung im Amtsblatt.
Klar ist, dass sich nun jegliche Maßnahmen der Stadt für einen Uferweg am Griebnitzsee weiter verzögern. Dabei war das Bebauungsplanverfahren eigentlich bereits 2012 abgeschlossen und von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet worden.
Stadt rechnet mit weiteren Kontrollklagen
Wie Stadtsprecher Stefan Schulz jetzt den PNN sagte, gab es bei der erneuten öffentlichen Auslegung 74 neue Stellungnahmen. Dabei habe es sich aber nicht nur um Einwendungen und Kritik gehandelt, hieß es. So seien 48 Einzelschreiben von Bürgern, ein Sammelschreiben von Anwohnern mit 70 Unterschriften, 18 Stellungnahmen von Eigentümern und sieben Stellungnahmen von Anwohnern und Eigentümern der Häuser in den hinteren Reihen eingegangen.
Außerdem rechnet die Stadt mit weiteren Normenkontrollklagen gegen den Uferweg-Bebauungsplan. Dafür haben die Gegner des B-Plans ein Jahr Zeit. Die Anzahl der bereits eingegangenen Klagen sei bislang aber unverändert, betonte Schulz. Derzeit werde ein Bericht zum Stand der Dinge vorbereitet, Potsdams Stadtverordnete sollen voraussichtlich im September darüber beraten.
Stefan Engelbrecht
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