Von Thomas Gantz: Störfaktor Hitz
Wolfsburgs Torhüter verhinderte mit einigen glänzenden Reflexen den ersten Saisonsieg des Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03
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Marwin Hitz genießt beim VfL Wolfsburg ein Privileg, das ihm offenbar zum Vorteil gereicht. Der Schweizer wird derzeit beim amtierenden Deutschen Fußball-Meister als zweiter Torhüter hinter Diego Benaglio aufgebaut und trainiert deshalb regelmäßig mit der Lizenzmannschaft. Erst einen Tag vor dem jeweiligen Punktspiel des VfL-Regionalligaaufgebotes stößt er zu diesem Team, um sich Spielpraxis zu holen. Der 21-Jährige demonstrierte am Samstag beim 0:0 des SV Babelsberg 03 gegen die weiterhin unbezwungene VfL-Zweitvertretung sein Können. Mehr noch: Er brachte seinen Trainer Lorenz-Günther Köstner hinterher zu der schlichten Erkenntnis, „dass wir ohne ihn heute verloren hätten.“
Hitz war speziell nach der Pause der Störfaktor, der mit vier Glanzparaden den ersten Saisonsieg des reserviert beginnenden, sich nach der Pause jedoch vor 1114 Zuschauern in Karl-Liebknecht-Stadion erheblich steigernden Gastgebers verhinderte. Insbesondere der unglaubliche Reflex, mit dem er den von Erkan Kilicaslan aus Nahdistanz abgesandten Ball am Überschreiten der Torlinie hinderte (67.), verblüffte. Unmittelbar zuvor hatte Patrick Moritz von der Strafraumgrenze aus die Latte getroffen. Marwin Hitz war später noch bei zwei weiteren aussichtsreichen SVB-Torgelegenheiten für Kilicaslan (69.) und den eingewechselten Stefan Kutschke (85.) in großem Stil zur Stelle. „Dieser Mann hat uns heute den Sieg gekostet“, sagte SVB-Trainer Dietmar Demuth hinterher in einem Tonfall, aus dem Respekt und Verzweiflung herauszuhören waren.
Tatsächlich gestaltet sich die Lage bei Babelsberg 03 nach dem dritten sieglosen Punktspiel in Folge unruhig, obwohl ein torloses Remis im Spiel gegen den Tabellenführer so unbefriedigend nicht sein kann. Die Abschlussschwäche im Angriffsspiel ist schließlich nicht erst seit vorgestern ein Kernproblem, das nach Spielende in der Bewertung des Geschehenen jedoch kaum Berücksichtigung fand. Nach verheißungsvollen Chancen lag man 7:2 vorn. In der Vorsaison gab es einige Heimspiele, die vom Verlauf her wesentlich unattraktiver waren. Da die Frage nach dem moralischen Sieger im Ergebnissport Fußball jedoch belanglos ist, tun sich Probleme auf: Der Abstand zur Spitze der Regionalliga Nord darf nicht größer werden, sonst wird es bei sinkendem Publikumsinteresse im übertragenen Sinne teuer. Zum Flutlicht-Auftaktspiel gegen Hertha BSC II (0:0) kamen vor zwei Wochen 400 Zuschauer mehr als gegen Wolfsburg. Der wunderbare Pokalabend gegen Bayer Leverkusen, an dem die SVB-Elf vor drei Wochen nur knapp mit 0:1 scheiterte, ist nur noch schöne Erinnerung, mit der sich im sportlichen Alltag nicht argumentieren lässt – auch oder gerade wegen Übertreibungen bei der Lagebeurteilung im Umfeld des Vereins, denen sich der Gästetrainer Lorenz-Günther Köstner in der Pressekonferenz auf süffisante Weise näherte. Als jemand fragte, was er denn zu den überraschenden Resultaten des Spieltages zu sagen habe, parierte er gekonnt:. „Überrascht sein kann nur derjenige, der den Fußball neu erfinden will.“
Thomas Gantz
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