Landeshauptstadt: Strahlend neues Lächeln
Mammut-Projekt bald fertig: Im Dezember verschwinden die Baugerüste an der Kolonnade am Neuen Palais
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Sanssouci - Es sieht fast so aus, als wäre der Zahnarzt dagewesen. Im Gesicht der stattlichen Dame funkeln zwei neue Zähne – vom schwarz gefärbten Sandstein heben sie sich kontrastreich ab. Die kosmetische Reparatur einer der 60 Figuren der Kolonnade am Neuen Palais ist nur ein winziges Detail innerhalb des Mammut-Projektes, den größten Natursteinbau in Sanssouci zu rekonstruieren. Allein die Bausumme von 24 Millionen Euro offenbart die Dimension des Vorhabens. Die Bauzeit von fast elf Jahren, die vom Start bis zur kompletten Fertigstellung 2014 vergangen sein wird, ist ein weiteres Indiz für das komplexe Unterfangen.
Doch es geht dem Ende entgegen, den von Friedrich dem Großen einst gewünschten vorzeigbaren architektonischen Abschluss im Westteil von Sanssouci in seiner ganzen Pracht zu zeigen. Der Ost-Flügel ist fast fertig, sodass der originale Fußboden in den nächsten Monaten wieder verlegt wird. Die Figuren sollen auch in diesem Jahr wieder ihren Platz einnehmen, einigen sind bereits Gurte angelegt. Und auch die aufwendige Konstruktion, die das gravierende Problem der pendelnden Säulen beheben soll, ist in Arbeit. Beim Bau der Kolonnade, die auf königlichen Zeitdruck nach nur knapp zweijähriger Bauzeit 1770 fertig wurde, sind die 98 Säulen so starr eingebaut worden, dass sie sich bei sommerlichen Temperaturen nur zu einer Seite bewegen, was Risse im gesamten Bauwerk verursacht. Nun wird über den Säulen eine Art Klammer mit Zugfeder eingebaut: Die Edelstahl-Konstruktion soll die sich um 14 Zentimeter nach Osten neigenden Säulen zurückführen. Um das zusätzliche Gewicht von 170 Tonnen zu tragen, werden die Säulen mit einem von Blei umgossenen Edelstahlkern verstärkt.
Eigentlich sollte die Rekonstruktion der Kolonnade im aktuellen Friedrich-Jahr bereits abgeschlossen sein. Doch es reichte nur zur Präsentation des neu gestalteten Triumphtores. Trotz der Verzögerung meinte am Sonntag ein Besucher auf der monatlichen Baustellenführung, dass die Planer und Bauleute auch mal am neuen Hauptstadtflughafen Hand anlegen sollten. „Vielleicht geht es da schneller“, sinnierte der Herr. Denn er und die restlichen Besucher zeigten sich beeindruckt von der fachmännischen Leistung bei der Restauration der Kolonnade. So hat die Kartusche am Triumphtor ein Experte aus Bayern angefertigt, von denen es laut Inge Riecke nur vier in Deutschland gibt.
Die Museologin, die für die Stiftung Schlösserstiftung fachkundig über die Baustelle führt, beschreibt erkennbar, wo es sich in den rekonstruierten Bereichen um originale Teile oder Kopien, ursprünglichen Zustand oder reparierte Stellen handelt. Gut sichtbar heben sich die Neuerungen in frischem Gelb vom erhaltenden Originalzustand ab. „Mit der Zeit wird sich das ausgleichen“, sagt Riecke. Was jetzt etwas an einen Flickenteppich erinnere, werde in zehn Jahren gleich aussehen. Möglichst viele Originalteile sollen wieder verwendet werden.
Der Eile, zu der König Friedrich II. seine Baumeister und Bauleute trieb, um vis-a-vis des Neues Palais die imposante Kolonnade und die angrenzenden Communs als Wirtschaftsgebäude des Schlosses zu errichten, sind auch zahlreiche Mängel geschuldet. „Schon damals wussten die Architekten um die Problematik der Säulen“, sagt Expertin Riecke. Auch dass der König für die Architektur weichen Sandstein verwenden ließ, wie er sonst für Skulpturen und nicht für tragende Architektur verwendet wird, sei bekannt gewesen. So hat es schon wenige Jahre nach Fertigstellung des Baus erste Reparaturen gegeben. Zu DDR-Zeiten wurde der Nordflügel wegen zunehmender Einsturzgefahr zurückgebaut, zur Rekonstruktion wurde Zement statt Kalkputz verwendet, was zu weiteren Problemen führte. „Zement zieht Wasser“, erläuterte Riecke. Neben den Baufehlern sind Verwitterung und Feuchtigkeit weitere Faktoren, die zu immensen Schäden an dem Bauwerk führten. Bevor 2006 mit der Rekonstruktion begonnen wurde, musste nach der Einhausung der Kolonnade das gesamte Bauwerk erst ein Jahr trocknen.
Vor Weihnachten sollen die Hüllen fallen. „Dann sollen die Einhausung und die Baugerüste verschwunden sein“, sagt Riecke. Im kommenden Frühjahr sollen die Gartenbauer das Umfeld des Säulengangs anlegen. Und dann gibt es nicht nur im Gesicht der Kolonnaden-Figuren ein strahlend neues Lächeln.
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