Landeshauptstadt: Streicheleinheit für Straßenpflaster
Auf Tour mit der Cleango 400, der sanftesten Kehrmaschine im Fuhrpark der Stadtentsorgung
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Heinz Becke ist spezialisiert auf den Cleango 400. Nur zwei der sechs Kehrmaschinenfahrer der Potsdamer Stadtentsorgung (Step) dürfen die straßenschonende Neuanschaffung bedienen. Er sei extra geschult worden. „Sind ja auch “ne Menge Knöppe“, sagt Becke.
In der Tat ähnelt der gut gefederte Arbeitsplatz des 50-Jährigen einem Cockpit. Über ihm zig Kippschalter, auf der rechten Armlehne knapp zwei Dutzend Gummiknöpfe und auf der Mittelkonsole zehn Regler. Mit den Bedieneinheiten lassen sich zum Beispiel Rundumleuchte und Lampen an- und ausknipsen, der Schwenkarm mit Extrabesen steuern, Aufpressdruck und Geschwindigkeit der Bürsten oder auch die Saugstärke regulieren. „Stufenlos“, wie Wolfgang Haar, bei der Step zuständig für die Auftragsabwicklung Straßenreinigung/Winterdienst, betont. Deshalb und wegen der Wendigkeit des Fahrzeugs habe sich das städtische Reinigungsunternehmen für die Anschaffung der Kompaktkehrmaschine entschieden. Wie beweglich sein Gefährt ist, demonstriert Becke auf freier Strecke. Der in der Armee ausgebildete Kraftfahrer reißt das Lenkrad herum – fast auf der Stelle wendet das in Step-orange gestrichene Fahrzeug. „Optimal, oder“, fragt der Kehrmaschinenfahrer. Die Begeisterung ist ihm ins Gesicht geschrieben.
Die schmalen und zum Teil beidseitig beparkten Straßen in der Innenstadt und Babelsberg sind sein Haupteinsatzgebiet, darunter auch jede Menge Kopfsteinpflaster. In einer Acht-Stunden-Schicht schaffe er bis zu 20 Kilometer, sagt Becke. Die rotierenden Besen, die man durch den gläsernen Fußboden in der Fahrerkabine beobachten kann, fegen Staub, Split, Blätter, Papierchen und Kippen Richtung Sauger. Vier Kubikmeter Fassungsvermögen habe der Auffangbehälter. Kompostierbar sei der Kehricht nicht, erklärt Haar. „Zu viele giftige Substanzen.“ Was die Kehrmaschinen sammelten, komme bei der Step in ein Zwischenlager und werde später als Füllmasse in still gelegten Kalibergwerken verwendet.
Die Nylonborsten der knapp ein Jahr alten Maschine liebkosen das Kopfsteinpflaster. „Streicheltour“ heißt Step-intern der Einsatz des Cleango 400. Die Besen der übrigen 19 Fahrzeuge im Fuhrpark sind verstärkt mit Drahtborsten oder komplett aus Draht. Zu hart also für die Fugen zwischen den Pflastersteinen. Dass aber nur die Step für den schlechten Zustand des historischen Straßenbelags verantwortlich sein soll – wie oft behauptet – will der Auftragsabwickler so nicht stehen lassen. Auch schwere Baufahrzeuge oder die schlechte Verlegearbeit seien schuld. „In manche Zwischenräume kann man ein Fahrrad reinstellen“, sagt Haar. Da haben auch Regen und Wind leichtes Spiel. Wenn man sich für Kopfsteinpflaster wie jetzt in der Jahn- oder Wattstraße entscheide, müsse die Stadt auch die Wartung solcher Belege in die Kalkulation einbeziehen, fordert Haar. Außerdem gehörten die historischen Straßen nicht in die Reinigungsklasse 5 – Fegen einmal monatlich – , sondern müssten häufiger gereinigt werden. Die seltene Pflege werde vor allem im Herbst problematisch, wenn der Regen Laub und Dreck zu „richtigen Matten“ verklebe. „Dann brauchen wir wieder die Drahtbesen“, sagt Haar.
Heinz Becke zieht per Knopfdruck die Bürsten ein. Mit gemütlichen 50 Stundenkilometern geht es zurück auf den Step-Hof in der Drewitzer Straße. Feierabend. Auf dem Nachhauseweg mit dem eigenen Auto überblickt Becke die Straße, schaut in die Ecken, entdeckt Dreck. „Da juckt“s mich dann mächtig in den Fingern“, sagt der Saubermacher.
Nicola Klusemann
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