Landeshauptstadt: Streit um Anti-Gewalt-Training
Pacifico e.V. kritisiert Vergabepraxis des Jugendamtes / Schweers: „Es gab keine Zusage“
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Die Vergabepraxis des Jugendamtes Potsdam-Stadt kritisieren jetzt in einem offenen Brief Diana Grötz und Lutz Küken. Die Psychologin und der Sozialpädagoge hatten im Januar vergangenen Jahres den Verein „pacifico“ gegründet, in dessen Trägerschaft sie Antiaggressionstraining (AAT) in Potsdam anbieten wollten. Schon im Vorfeld hätten die Vereinsgründer ambulante Anti-Gewalt-Trainings für straffällige Jugendliche angeboten und seien über diese Arbeit dem Amt auch bekannt. Die Vereinsgründung des pacifico e.V. sei durch den Jugendamtsleiter Norbert Schweers „forciert“ worden, heißt es in dem Brief. Die Behörde habe erwogen, ein entsprechendes Angebot in Potsdam durch einen lokalen Anbieter zu installieren, man habe sich Chancen ausgerechnet. „Verwundert mussten wir im Herbst 2005 zur Kenntnis nehmen, dass ein Berliner Träger den Zuschlag für das AAT in Potsdam erhalten sollte“, so die pacifico-Gründer.
Er könne die Kritik nicht ganz nachvollziehen, sagte Jugendamtsleiter Schweers auf PNN-Nachfrage. Man habe dem pacifico e.V. „keine Zusagen gemacht“. Außerdem bedauere er, dass der Träger den Weg über die Öffentlichkeit zur Auseinandersetzung gewählt habe. Es gehöre nicht zu den Pflichtaufgaben des Jugendamtes, einen Träger für ein Anti-Aggressionstraining vorzuhalten, erklärte Schweers. Entsprechend gebe es auch keine Ausschreibung dieser Leistung. Vielmehr werde dies in Absprache mit der Jugendhilfe und den Gerichten organisiert. Veranstalter der Trainings sei der Potsdamer Jugendrechtshaus e.V.; das wisse auch der pacifico-Vorstand. Im Verein Jugendrechtshaus, dessen Vorsitzende die Präsidentin des Amtsgerichts sei, gebe es die wichtige Direktverbindung zur Gerichtsbarkeit. Die jugendlichen Straftäter besuchten ausschließlich auf richterliche Weisung das Anti-Gewalt-Training. Der Kurs laufe über 13 bis 16 Wochen und umfasse 128 Stunden, erklärt Schweers. Im vergangenen Jahr sei aber ein solches Training wegen zu weniger Teilnehmer nicht zustande gekommen. Die Mindestzahl liege bei zehn. Deshalb habe sich Potsdam jetzt mit dem Jugendamt Potsdam-Mittelmark zusammengetan. Ein AAT sei bereits am vergangenen Wochenende gestartet, ein zweites sollte in diesem Jahr noch folgen, so Schweers. Die Stadt bezahle pro Kurs 7000 Euro.
Als Vorstand von pacifico e.V. habe man mehrfach die Bereitschaft zur Kooperation signalisiert, schreiben Grötz und Küken. Dieses Angebot habe er an das Jugendrechtshaus weitergeleitet, sagt Schweers. Es liege aber im Ermessen der Veranstalter des AAT, wen sie als Trainer beauftragten. „Und die haben sich anders entschieden.“ Es sei aber nicht ausgeschlossen, so der Amtsleiter, dass künftig auch pacifico einen Auftrag erhalte.
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