Landeshauptstadt: Streit um Jungenschule
SPD will Einfluss der Stadt / Linke kritisiert Opus Dei / Schultheiß: Jungenklassen manchmal sinnvoll
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Ein reines Jungen-Gymnasium der Opus- Dei-nahen Elterninitiative will die Potsdamer SPD verhindern. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Manja Orlowski, erklärte am Freitag: Die Stadt solle kein Grundstück an die Initiative verkaufen. Darauf könne die Stadt Einfluss nehmen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte am Donnerstag entschieden, dass eine solche Schule grundsätzlich genehmigt werden kann. Das Land hatte dies mit Verweis auf den ihrer Ansicht nach nötigen Unterricht von Jungen und Mädchen, koedukativer Unterricht, verwehrt. Auch der Linke-Kreisvorsitzende Sascha Krämer kritisierte, die Ziele der erzkonservativen katholischen Personalprälatur Opus Dei seien nicht mit „dem Projekt einer demokratischen, offenen und toleranten Gesellschaft zu vereinbaren, sie widersprechen ihm sogar“.
Im Februar 2007 hatten die Initiatoren die Planungen für eine Jungenschule erstmals öffentlich vorgestellt – in Berlin. Bereits damals hagelte es Kritik an den Plänen. Vor allem die Unterrichtsinhalte wurden damals hinterfragt. Homosexualität, Sexualität im Allgemeinen, Abtreibung, Darwins Evolutionstheorie „Natürlich unterrichten wir Evolutionstheorie, aber keinen Evolutionismus“, sagte Opus-Dei- Priester Wolfgang Weber damals. Die Theorie werde dargelegt, aber wie hinter jede Theorie auch Fragezeichen gesetzt. Und zum Thema Konfessionszugehörigkeit an der Schule hieß es: Schüler anderer Konfessionen seien willkommen, man müsse jedoch aufpassen, „nicht unterwandert zu werden“, so Horst Hennert. Der ist Vorsitzender des Opus Dei in Berlin und vom Träger des Mädchengymnasiums Jülich. Die Potsdamer Bündnisgrünen hatten damals mit einer Postkartenaktion gegen die Schulgründung protestiert: „Potsdam sagt Nein zu Opus Dei“ stand auf den Karten.
Deutschlandweit gibt es nur noch wenige Jungenschulen, aber wesentlich mehr reine Mädchenschulen. Die Initiatoren des Knaben-Gymnasiums in Potsdam argumentieren, dass sich Jungen und Mädchen unterschiedlich entwickeln und daher auch getrennt unterrichtet werden sollten. Das sehen auch die Stadtverordneten Peter Schultheiß und Wolfgang Cornelius so. In einer Erklärung heißt es, der Unterricht von Jungen und Mädchen habe durchaus auch Nachteile. Sie sehen das Vorhaben als Projekt: „Man sollte die Erfahrungen in der Opus-Dei-Schule abwarten und bei positiven Erkenntnissen in den anderen weiterführenden Schulen gegebenenfalls die Einrichtung getrenntgeschlechtlicher Klassen prüfen“. Sie plädieren dafür, die Eltern mit den Füßen abstimmen zu lassen. „Was passiert, wenn die (Privat-)Schule keine oder zu wenig Schüler hat, kann sich jeder denken“, so Schultheiß.
Als Gründe für eine Schulgründung in Potsdam nannte Christoph Rüssel als Mitorganisator damals die finanzielle Förderung des Landes sowie die Nähe zu den südwestlichen Berliner Stadtbezirken. Das Land fördert neue freie Schulen nach drei Jahren mit bis zu 94 Prozent der Personalkosten. Zwar will das Land die Zuschüsse an freie Schulen jetzt senken – Gymnasien sind davon aber nicht betroffen. jab
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