Landeshauptstadt: Streit um Straßenausbau
Beiträge auf Grundlage einer nicht vorhandenen Satzung erhoben / OVG Sachsen: Land darf nicht zwingen
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Die von einzelnen Grundstücksbesitzern zu tragenden Kosten für den Straßenausbau sorgen erneut für Zündstoff. Denn die Verwaltung hat nach Aussage eines Anwaltes „alle Merkmale des Tatbestandes Betrug“ erfüllt. Hintergrund sind die Beitragsbescheide der Stadt aus dem vierten Quartal 2006, die sich auf die Straßenbaubeitragssatzung der Jahre 2000 und 2001 stützen. Genau diese existiert jedoch derzeit nicht, da die Stadtverordneten diese rückwirkend beschließen müssen – was sie bis heute nicht getan haben. Damit läge eine Täuschung vor, die einen Irrtum bei Dritten hervorruft und zu einem Vermögensschaden führt, so der Anwalt: „Das ist Betrug“. Die Bescheide mussten verschickt werden, da eine Verjährung der Forderung drohte.
Inwieweit ein Bundesland seine Kommunen per Kommunalabgabengesetz zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen überhaupt verpflichten kann, wird momentan vor dem Oberverwaltungsgericht Sachsen verhandelt. Das Gericht entschied, dass das Land Sachsen die Städte und Kreise nicht zur Erhebung der Ausbaubeiträge zwingen dürfe. Eine Urteilsbegründung steht noch aus. In der Gemeinde Jahnsdorf im Landkreis Stollberg wurde daraufhin zuletzt debattiert, die seit dem Jahr 2004 angewandte Straßenbaubeitragssatzung wieder zu kippen.
Die direkte Beteiligung der Anlieger an den Sanierungsmaßnahmen wird auch in Brandenburg per Kommunalabgabengesetz vom Land festgelegt. Die Verwaltung erklärt daher in Bezug auf die Verweigerungshaltung der Stadtverordneten, sie seinen „ihrer gesetzlichen Pflicht zum Erlass einer rechtmäßigen Satzung zur Erhebung von Beiträgen“ nicht nachgekommen. Und die Kommunalaufsicht hatte zuletzt mit „kommunalaufsichtsrechtlichen Maßnahmen“ gedroht. Zumindest in Sachsen wurde dieses Vorgehen laut Medienberichten für Unrecht erklärt.
In Potsdam wurden zwischen den Jahren 2000 und 2005 bei insgesamt 50 beitragspflichtigen Maßnahmen Beiträge in Höhe von etwa 2,3 Millionen Euro eingenommen. Jedoch laufen bis heute diverse Einsprüche und Rechtsstreite, da Anwohner in acht Fällen nicht der einst gültigen Satzung entsprechend am Verfahren beteiligt worden sind. Die nun seitens der Stadt vorliegende Neufassung für den Zeitraum 1997 bis 2003 wurde im Vorjahr von den Stadtverordneten zwei Mal abgelehnt, auch im Januar ist sich nicht beschlossen und erneut in beratende Gremien überwiesen worden. In der Begründung, warum die Satzung nötig sei heißt es: Damit die Klageverfahren gewonnen und die drei offenen Maßnahmen abgerechnet werden können. Insgesamt seien laut Stadt noch gut eine halbe Million Euro an Beiträgen offen. Die Bescheide an die Bürger sind jedoch laut einem Anwalt ohne den Hinweis, dass die Satzung nicht existiert, verschickt worden. Die aktuellen Fälle in der Berliner Straße sollen 226 000 Euro der Ausbaukosten in die städtische Kasse spülen. Eine Anhörung zum Ausbau des Radweges im Jahr 2000 erfolgte laut Verwaltung nicht, die Beteiligten seien jedoch Anfang des vergangenen Jahres darüber informiert worden, dass sie dennoch zahlen müssten. jab
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