Landeshauptstadt: Streitpunkt Verkehr
Stadtforum diskutierte über Probleme auf Straßen
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Innenstadt - Auf 170 000 Einwohner wird Potsdam bis zum Jahr 2025 wachsen. „Der Verkehr wird zunehmen“, so die Prognose von Hermann Voesgen. Der Professor ist Moderator des Stadtforums, das sich Donnerstagabend in der Französischen Kirche mit der Verkehrsentwicklung befasste. Die Formel „Mehr Einwohner gleich mehr Verkehr“ wollen die Verkehrsplaner im Rathaus und das von ihnen beauftragte Berliner Büro VMZ nicht gelten lassen. Im neuen Verkehrskonzept streben sie bis 2025 an, den Anteil des motorisierten Individualverkehrs von derzeit 32 auf 23 Prozent zu verringern.
Baubeigeordneter Matthias Klipp (Bündnisgrüne) setzt dabei auch auf einen „Wandel im Verkehrsverhalten“. Dieser solle unter anderem bewirken, dass die große Zahl von Ein- und Auspendlern künftig stärker den Verkehrsverbund, also den öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV), in Anspruch nimmt. Dirk Volkmann von der Stadtverwaltung nennt die Pendlerzahlen: 28 000 täglich von und nach Berlin, 19 700 Pendler der Mittelmark und weitere 17 000 aus anderen Regionen.
Hundert Prozent Parkraumbewirtschaftung, Erhöhung der Stellplatzgebühren, Erweiterung von Tempo-30-Zonen und die Dosierung der Verkehrsströme durch Ampeln sollen die Innenstadt für Autofahrer unattraktiver machen und die Luft sauberer halten. „Der Bürger hat ein Recht auf saubere Luft“, zitierte Jost Kremmler vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Jörg Becker vom Allgemeinen Deutschen Automobilclub Berlin-Brandenburg sagte jedoch: „Wir machen uns gegenseitig vor Ort das Leben schwer.“ Der ÖPNV soll als Alternative ausgebaut und attraktiver werden. Auf dem Forum kam jedoch auch zum Ausdruck, dass Bewohner in Neu Fahrland und in anderen ländlichen Ortsteilen schlechte Karten haben. Selbst in Potsdams Innenbereichen liegt manches im Argen. So fragt der 82-jährige Manfred Sprecher, der im Falkenhorst am Schlaatz wohnt, wie er es denn anstellen solle, von dort mit öffentlichen Verkehrsmitten zum Stern-Center zu gelangen. Von einem dritten Havelübergang war überhaupt nicht mehr die Rede. Für solche Vorhaben wie auch für die Havelspange gebe es keine finanziellen Mittel, ließ Klipp verlauten.
Erhebliche Investitionen wären notwendig, wenn die von Studierenden und jungen Ingenieuren der Fachhochschule Potsdam und der Technischen Universität Berlin vorgeschlagenen und ausgearbeiteten Veränderungen im Nahverkehr Wirklichkeit werden sollen. Sie stellten im Stadtforum das Konzept für eine Regionalstadtbahn, die sowohl als Eisenbahn als auch als Tram verkehren kann, vor. Neue Fahrzeugtypen und ein Verknüpfungspunkt in Golm würden viele Millionen Euro kosten, aber grandiose Vorteile bringen. Es gab viel Beifall für diese Ideen: endlich eine erfrischende Neuerung inmitten herkömmlicher Verkehrsplanungen.
Wertvoll für künftige Planungen dürften die Arbeiten von Studierenden zu einer neuen Tramlinienführung in der Innenstadt sein. Sie wollen mit der Wiederherstellung des Stadtkanals die Straßenbahn dort herausnehmen und in die Charlottenstraße verlagern und das Klinikum an den ÖPNV anbinden. Fachlich dürften diese Planungen gut durchdacht sein, denn immerhin erhielten die jungen Verkehrsexperten hierfür den Schinkel-Preis 2012. Günter Schenke
Günter Schenke
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