
© A. Klaer
Zukunft der Potsdamer Stadtmitte: Studenten ins Rechenzentrum?
Ein neuer Vorstoß der Stadt sieht vor, dass FH-Studenten am Alten Markt ausziehen, um den Abriss des FH-Baus zu beschleunigen
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Im Ringen zwischen Stadt und Land um die Zukunft des Fachhochschulgebäudes am Alten Markt sorgt ein neuer Vorstoß der Stadt für Zündstoff. Nach PNN-Informationen hat die Verwaltung vorgeschlagen, dass die FH-Studenten vorübergehend in das Rechenzentrum an der Ecke Dortustraße/Breite Straße ziehen und somit den Weg für einen Abriss der Hochschule am Alten Markt in der Innenstadt ermöglichen. Das für die Hochschulen des Landes zuständige Wissenschaftsministerium hält davon jedoch nicht viel.
Seit Jahren wartet die Stadt auf einen Auszug der FH aus dem DDR-Bau am Alten Markt. Die Studenten sollen wie ihre Kommilitonen am neuen FH-Campus an der Pappelallee untergebracht werden. Doch weil die Neubauten dort noch nicht fertig beziehungsweise alte Gebäude noch nicht fertig saniert sind, wurde der Termin immer wieder verschoben. Ursprünglich hieß es, das Gebäude soll 2012 abgerissen werden, dann wurde der Termin auf 2013 verschoben. Später wurde 2015 anvisiert, zuletzt 2017. Allerdings hat das Land noch einen Vertrag über die Nutzung des Gebäudes bis 2018 mit dem stadteigenen Sanierungsträger. Derzeit sind am Alten Markt noch etwa ein Viertel der Studenten untergebracht, nämlich die Studiengänge Sozialwesen und Informationswissenschaften mit knapp 700 beziehungsweise gut 1000 Studenten.
Die Stadt drängt auf den baldigen Abriss des gelb-grauen Gebäudes, weil es aus ihrer Sicht der zu großen Teilen bereits wiederhergestellten Potsdamer Mitte entgegensteht. Auf dem FH-Grundstück sollen mehrere kleine Häuser entstehen, die sich am historischen Vorbild der Innenstadt orientieren – und das möglichst vor dem nun anvisierten Auszugstermin 2017.
Stadtsprecher Stefan Schulz bestätigte auf Anfrage nicht, dass die Verwaltung das Rechenzentrum als Zwischenlösung vorgeschlagen hat, sagte aber: „Wir hoffen, dass wir eine Lösung finden, damit der Auszug etwas schneller geschieht als bislang beabsichtigt.“ Ministeriumssprecher Martin Sand winkte hingegen ab. „Wir gehen weiter von einem Umzug 2017 aus“, sagte er.
Seit Juni ist bekannt, dass ein Teil des Rechenzentrums – das im Übrigen auch vom Land gemietet wird – Mitte 2015 leergezogen werden soll. Dann soll zumindest schon die Verwaltung des zentralen IT-Dienstleisters der Landesverwaltung in landeseigene Räume an der Steinstraße umziehen – der Rest soll Ende 2017 ausziehen. Derzeit ist die Verwaltung in dem höheren der beiden Plattenbauten vorne an der Breiten Straße untergebracht. Dort könnte nach dem offenbar aus der Stadtverwaltung stammenden Vorschlag zufolge also die FH untergebracht werden. Allerdings müsste wohl umgebaut werden – schließlich handelt es sich um normale Büroräume, große Hörsäle fehlen.
Dies ist auch einer der Gründe, warum die Potsdamer Linksfraktion den Vorschlag kategorisch ablehnt. Die Umrüstung des Rechenzentrums zur Hochschule wäre mit einem erheblichen Aufwand verbunden und würde für die FH zusätzliche Anstrengungen bedeuten, sagte Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg den PNN. Außerdem entstünden durch den Umbau Kosten, die an der Stadt hängen bleiben würden – schließlich werde das Land diese kaum übernehmen, so Scharfenberg. „Dies alles auf sich zu nehmen, nur um das FH-Gebäude ein Jahr oder eineinhalb Jahre früher abreißen zu können, lehne ich strikt ab.“ Stattdessen sei es weitaus sinnvoller, sich auf die Fertigstellung des neuen Campus am Bornstedter Feld zu konzentrieren. Im Frühjahr 2015 soll dort mit den Bauarbeiten für den sogenannten Annex II begonnen werden, zwei Jahre später könnte dieser fertig sein. Ein Umzug vor dem Wintersemester 2017 ist also unwahrscheinlich – außer die Studenten werden im Rechenzentrum „zwischengeparkt“.
FH UND RECHENZENTRUM
Das FH-Gebäude am Alten Markt wurde in den Jahren 1971 bis 1977 nach Entwürfen des Architekten Sepp Weber errichtet, der auch für das einstige Inter- und heutige Mercure-Hotel verantwortlich ist. Viele stören sich daran, dass der sozialistische Bau mit den bröckelnden Betonstreben an der schmutzig-gelben Fassade nicht zur historischen Nikolaikirche, dem Alten Rathaus und dem wiederaufgebauten Stadtschloss in unmittelbarer Nachbarschaft passt. Nicht nur außen, auch im Inneren des Gebäudes ist seit Jahren kaum mehr etwas gemacht worden – was sich nicht nur an den fast schon nostalgisch anmutenden Toilettenräumen zeigt. Aus derselben Zeit stammt übrigens auch das Rechenzentrum, in das die FH aus Sicht der Stadt übergangsweise ziehen sollte. Die beiden Blöcke entstanden zwischen 1969 und 1971, der höhere an der Breiten Straße wird von einem achtzehnteiligen Mosaikband des Künstlers Fritz Eisel mit dem Titel „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ geschmückt. Auch diese in die Jahre gekommene DDR-Gebäude sollen nach den Plänen der Stadt weichen – unter anderem stehen sie dem Wiederaufbau der Garnisonkirche im Weg. Obwohl der Mietvertrag offiziell ausgelaufen ist, befindet sich noch immer der zentrale IT-Dienstleister des Landes in dem Gebäude. Auch dort verzögert sich der Auszug aus Mangel an Ausweichquartieren. wik
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