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Homepage: „Studiengebühren am besten sofort“

Christoph Anz von der BDA zur Debatte um die Bildungsfinanzierung

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Christoph Anz von der BDA zur Debatte um die Bildungsfinanzierung Wie könnte die Finanzierung der Bildung in der Zukunft aussehen. Diese Frage diskutierten zahlreiche Vertreter von Hochschulen, Verbänden, aus Politik und Wirtschaft auf einem zweitägigen Kongress des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes. „Bildungsfinanzierung im Umbruch“ war der Arbeitstitel der Konferenz im Kongresshotel am Templiner See. Die PNN sprachen mit Dr. Christoph Anz von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Herr Anz, kommt Deutschland um Studiengebühren herum? Keinesfalls. Die Einführung ist längst überfällig. Nicht nur aufgrund des internationalen Drucks, sondern auch um hierzulande klar zu machen, dass solche Gebühren einerseits die Nachfragemacht der Studierenden stärken, andererseits einen Preismechanismus einführen. Auch geben sie den Hochschulen die Möglichkeit, den Bereich Lehre und Service für die Studierenden deutlich zu verbessern. Was ist mit Preismechanismus gemeint? Den Studierenden klar zu machen, dass die Studienangebote, das sie wahrnehmen, auch mit einem Preis versehen sind. Mit Studiengebühren investieren sie in ihre eigene Bildung und erzielen dadurch am Arbeitsmarkt später deutlich höhere Einkommen als durch andere Ausbildungen. Können Studiengebühren die Qualität der Lehre verbessern? Solange diese Beträge – und das ist eine Grundvoraussetzung bei Studiengebühren – ausschließlich den Hochschulen zur Verfügung stehen. Dann hätten die Hochschulen tatsächlich einen zusätzlichen Betrag zur Verfügung, mit dem Betreuungsrelationen, Öffnungszeiten von Bibliotheken und Computerräumen, aber auch insgesamt das Angebot verbessert werden können. Taugen Studiengebühren auch zu einer Elitenbildung? Es geht darum, die Qualität der Hochschulangebote deutlich zu verbessern. Und das wird möglich, wenn die Studierenden an den Kosten ihrer Ausbildung beteiligt werden. Es geht nicht um Elitenbildung, sondern darum, dem späteren Fach- und Führungsnachwuchs klar zu machen, dass sie in ihre eigene qualitativ hochwertige Bildung investieren müssen. Schränken die Gebühren nicht die Studienfreiheit ein, gerade für Kinder aus finanzschwachen Familien? Das hängt von den Rahmenbedingungen ab. Es wäre fatal, wenn neben der Einführung von Studiengebühren keine flankierenden Maßnahmen ergriffen würden. Dann wäre in der Tat zu befürchten, dass die Zahl der Studierenden deutlich zurückgeht und insbesondere aus den bildungsfernen Schichten noch weniger junge Menschen an die Hochschulen kommen. Was wir brauchen ist eine ausreichende Anzahl an Fach- und Führungskräften. Und wir brauchen eine hohe Bildungsbeteiligung. Dazu müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Wir von Arbeitgeberseite haben ein eigenes Modell vorgelegt, bei dem wir eine sozialverträgliche Finanzierung sowohl der Studienbeiträge als auch der Lebenshaltungskosten gewährleisten. Wie soll das aussehen? Wir haben unser Modell auf zwei Säulen gestellt. Zum einen sehen wir ein Ausbildungsbudget vor, das der Staat in Höhe von 15 000 Euro zur Verfügung stellt und das nicht zurück gezahlt wird. Finanziert wird es – für den Staat kostenneutral – aus den bisherigen Summen, die für BAföG und das Kindergeld an Studierendeneltern aufgewendet werden. Hinzu kommen Darlehensangebote in ausreichender Höhe, mit denen sowohl die Lebenshaltungskosten als auch die Studiengebühren finanziert werden können. Das Ausbildungsbudget soll auch ein Anreiz sein, das Studium aufzunehmen, die Darlehen sollen die übrigen Kosten abdecken. Diese sind dann erst nach Beendigung des Studiums und bei Erreichen eines Mindesteinkommens zurückzuzahlen. Man beginnt also das Arbeitsleben nach dem Studium mit einem Schuldenberg. Welche Bank gewährt dann weitere Kredite etwa zur Unternehmensgründung? Unser Modell sieht keine exorbitant hohen Darlehensschulden vor. Zum anderen: wenn wir tatsächlich flächendeckende Studiengebühren einführen, werden die späteren Kreditgeber sehen, da hat jemand gezielt in seine Bildung investiert. Das wird dann kein Hindernis sein, um für eine überzeugende Geschäftsidee zusätzliche Kredite gewährt zu bekommen. Sollten die Bundesländer über eine gleichzeitige Einführung von Studiengebühren nachdenken? Es ist wichtig, dass die Entscheidungshoheit bei den Hochschulen liegt. Nicht die Politik bestimmt, wer in welcher Höhe Studiengebühren verlangt, sondern die Hochschulen. Was wir bundesweit brauchen, ist ein entsprechendes Finanzierungssystem, damit niemand vom Studium abgeschreckt wird und damit die Mobilität der Studierenden erhalten bleibt. Lösungen, die nur für eine Hochschule oder ein Bundesland gelten, sind hier nicht sinnvoll. Wir brauchen mobile Studenten, die auch ein paar Semester an einer anderen Hochschule studieren. Wenn das an der Finanzierung scheitert, hätten wir uns einen Bärendienst erwiesen. Wann sollten Studiengebühren eingeführt werden? Am besten sofort. Aber das setzt voraus, dass entsprechende Finanzierungsmodelle verfügbar sind. Die Tagung in Potsdam hat gezeigt, dass es nicht an Modellen mangelt, sondern am politischen Willen zur Umsetzung. Das Interview führte Jan Kixmüller Christoph Anz ist stellvertretender Abteilungsleiter für Bildungspolitik, Gesellschaftspolitik und Grundsatzfragen bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

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