Aus dem GERICHTSSAAL: Stundenschummelei?
Urkundenfälschung nicht nachzuweisen/Freispruch
Stand:
„Meine Mandantin bestreitet den Tatvorwurf. Ansonsten äußert sie sich nicht“, erklärt der Verteidiger zu Prozessbeginn. Sandy S.* (20) wird der Urkundenfälschung bezichtigt. Sie soll im Oktober 2007 einem jungen Mann bescheinigt haben, Sozialstunden im Unternehmen ihrer Familie geleistet zu haben, obwohl dies gar nicht stimmte. Tom T.* war vom Amtsgericht Strausberg zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Eine Bewährungsauflage lautete, er solle 56 Stunden unentgeltlich arbeiten. Tom T. wurde an die Umzugsfirma der Familie von Sandy S. vermittelt. Obwohl er weder Kartons noch Schränke schleppte, präsentierte er dem Gericht termingerecht den Nachweis über die angeblich geleisteten Stunden. Wenig später flog die Sache auf. Die Ermittler beschäftigten sich erneut mit Tom T. Nun rückte auch Sandy S. in ihr Visier.
Die vermeintlich von der jungen Frau ausgestellte Bescheinigung gilt als Urkunde. Sie wurde von einem Handschriften-Sachverständigen akribisch auf ihre Echtheit untersucht. Der Experte gelangte zu der Ansicht, dass Sandy S. mit „sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ den Namen von Tom T., das Datum seines angeblichen Erscheinens in der Firma sowie die Rubrik „Bemerkungen“ auf dem Formular ausfüllte. Ob die Unterschrift über dem Firmenstempel „urheberidentisch ist, war nicht entscheidbar“.
Der Gesetzgeber sagt: Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe sanktioniert. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft befindet, all das sei der Angeklagten „nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachzuweisen“. Sandy S. – sie macht derzeit eine Ausbildung zur Fachkraft für Systemgastronomie – scheint erleichtert. Sagen möchte sie auch vor der Verkündung des Urteils nichts mehr. Das lautet – wie schon von Staatsanwaltschaft und Verteidigung gefordert – erwartungsgemäß auf Freispruch. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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