Aus dem GERICHTSSAAL: Sturz auf vereistem Gehweg
Winterdienst-Chef muss 1000 Euro Buße zahlen
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Fünf Wochen lang hatte Jessica J.* Schmerzen. Die 18-Jährige stürzte am 25. Januar vorigen Jahres auf dem spiegelglatten Gehweg des Leibnizrings, verletzte sich am Fuß. Gestern wurde Frank F.* (44), Geschäftsführer jener Firma, die unter anderem für den Winterdienst Am Stern verantwortlich ist, von Amtsrichter Francois Eckardt wegen fahrlässiger Körperverletzung mit einer Geldbuße von 1000 Euro sanktioniert.
„Ich bin auf dem Heimweg von der Schule umgeknickt und ausgerutscht“, erzählte die Potsdamerin im Zeugenstand. „Die Stelle, an der ich gestürzt bin, war besonders glatt und kaum gestreut. Es gab vereiste Vertiefungen von Schuhabdrücken“, monierte Jessica J. und präsentierte dem Gericht eine Serie selbstgeschossener Fotos vom Ort des Geschehens. „Vor einer Woche bin ich an fast genau derselben Stelle schon wieder hingefallen. Dabei ist zum Glück nichts passiert.“ Der Verteidiger unterstellte der jungen Frau eine „gewisse Affinität“ zu Stürzen, mutmaßte, sie trage eventuell unpassendes Schuhwerk. Seinem Mandanten sei jedenfalls keine Pflichtverletzung nachzuweisen.
„Auf Grund der Witterung gab es teilweise Einschränkungen im fußläufigen Verkehr“, räumte Winterdienst-Chef Frank F. ein. Er habe seine Mitarbeiter deshalb angewiesen, die beräumten Bürgersteige morgens nachzukontrollieren und bei Bedarf nochmals abzustumpfen. Dies sei auch erfolgt. „Der Hausmeister des Objekts war über den Ablauf der Arbeiten in Kenntnis worden. Hätte er Gefahrenstellen gefunden, dann hätte er mich informiert. Ich bezweifle, dass auf dem Gehweg am Leibnizring jemand hingefallen sein kann“, erklärte der Angeklagte.
„Der Leibnizring gehört zu meiner Tour als Winterdienst-Kraft“, berichtete Ronny R.* (33) vor Gericht. „Meine Aufgabe ist es, die Wege zu räumen, zu streuen und Kontrollfahrten zu unternehmen. Meistens geht es morgens um vier Uhr los. Die Objekte werden dann nach Plan abgearbeitet.“ Die genauen Anweisungen bekäme er allerdings von seinem Chef, dem Angeklagten. „Er sagt auch immer, er macht Stichproben, um zu prüfen, ob wir gewissenhaft gearbeitet haben. Gesehen habe ich den Chef dabei aber noch nicht“, verriet der gelernte Garten- und Landschaftspfleger. Auch an jenem Wintertag vor fast einem Jahr sei er seiner Pflicht ordnungsgemäß nachgekommen. „Der Hausmeister hat anschließend automatisch kontrolliert und nichts beanstandet. Zu viel streuen soll man ja auch nicht. Manche Mieter rutschen sogar auf Splitt aus“, so Ronny R.
Geschäftsführer Frank F. hat jetzt sechs Monate Zeit, die Geldbuße von 1000 Euro – sie geht an zwei gemeinnützige Vereine – zu begleichen. Danach wird die Akte endgültig zugeklappt. (*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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