Landeshauptstadt: Suche nach dem Punk
Kuze-Vortrag des Musikjournalisten Martin Büsser
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Punk wird bald tot sein. Mit diesem klaren Fazit seines Vortrags will Martin Büsser seine rund 60 Gäste im voll besetzten Studentischen Kulturzentrum (Kuze) zu einer Diskussion darüber bewegen, wie der Verfall der Szene zu stoppen ist. Gegenstimmen: Wie will er dem Trend entgegen wirken, wie neuen Bands zu mehr Bekanntheit verhelfen? Der 1968 geborene Autor trinkt aus seinem Rotweinglas. Und sagt: „Das ist schwer. Wenn Bands einmal bekannt werden, dann kommt die Musikindustrie – ansonsten spielen sie weiter vor 20 Leuten. Doch jenseits dessen kommt es für mich bei Punk vor allem auf eine bestimmte Haltung an, die ich heute nirgends finden kann.“
Doch wie genau sich diese Haltung äußern soll, kann der studierte Kunstgeschichtler am späten Donnerstagabend nicht genau erklären. „Was Punk genau ist, hängt viel von der eigenen Definition ab“, sagt der knapp 40-Jährige. Er steckte bis vor fünfzehn Jahren noch tief in der Szene, schrieb dann ein Buch darüber. „Mit dem kommerziellen Erfolg von Bands wie Green Day habe ich mich aus der Szene verabschiedet“, so Büsser. Zuvor hatte er in den 1980er und 1990er Jahren für das damals bekannte Punk- und Hardcore-Fanzine „Zap“ geschrieben, Interviews mit Punk-„Stars“ wie Henry Rollins geführt. Schon damals, so erzählt er, habe ihn das engstirnige Denken in der Szene gestört. „Es gibt unheimlich viele in der Szene, die bewusst nur drei Akkorde hören wollen und die für Experimente einfach zu konservativ sind“, sagt Büsser.
So verweist er in seinem Vortrag vor allem auf die Anfangszeit der Punk-Bewegung. Erlebt hat er sie freilich nicht, damals in den späten 1970ern war Büsser etwa 10 Jahre alt. „Die jungen Leute hatten einen Hass auf alles Inhaltsleere, wollten ihre Wut radikal neu ausdrücken.“ Die Szene sei wahnsinnig schnell bekannt geworden, manche Experten würden sogar davon sprechen, dass es den „echten“ Punk nur knapp hundert Tage gab. Büsser erzählt die Anekdoten der wichtigen Protagonisten der Zeit, etwa wie ihr Sänger John „Johnny Rotten“ Lydon bei einem Konzert in Texas mit Biergläsern beworfen wurde, weil er ein T-Shirt mit sich küssenden Cowboys trug: „Punk war das Infragestellen aller gesellschaftlichen Konventionen und Symboliken.“
Diese Radikalität vermisst er heute. „Die heutige Jugend hat kein Subkulturelles Bewusstsein mehr.“ Und eine Bewegung wie die Punks könne bei immer mehr Kultur-Angeboten nicht mehr entstehen. Was daran schlimm ist, sagt Büsser allerdings nicht. Die Diskussion über seine Ansichten verebbt schnell. Einer der Zuhörer: „Ich höre trotzdem gerne Punkrock.“
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