
© Olaf Möldner
Von Thomas Gantz: Suhler Versuchungen
Volleyball: Der SC Potsdam spielte beim 0:3 gegen den VfB Suhl im Rahmen seiner Möglichkeiten mit
Stand:
Spiele wie dieses sind eigentlich der Albtraum eines jeden Trainers. Gegen eine Mannschaft zu verlieren, die einfach besser ist und ungleich rhythmischer und konstanter spielt – dagegen ist nichts einzuwenden. Im Fall des SC Potsdam schmerzte am vergangenen Samstag mehr die Art und Weise, wie die Partie gegen den VfB Suhl mit 0:3 (14:25, 21:25, 10:25) verloren ging. Zur erwarteten Niederlage kam nämlich die Tatsache, dass der lediglich im zweiten Spielabschnitt ebenbürtige Aufsteiger nicht imstande war, dem DVV–Pokalsieger des Jahres 2008 durchgängig mehr als ein willkommener Aufbaugegner zu sein. Vor 550 Zuschauern in der Sporthalle Heinrich-Mann-Allee war die Partie bereits nach 63 Minuten beendet.
Jean-Pierre Staelens wird gewusst haben, was er sagte, als er sich vorab in einer ortsansässigen Tageszeitung dahingehend festlegte, im Fall eines Satzverlustes des von ihm trainierten VfB Suhl in Potsdam für die 332 Kilometer lange Rückreise nicht den Mannschaftsbus nutzen, sondern den weiten Weg durch die Nacht zu Fuß antreten zu wollen. Natürlich war dies spaßig gemeint, hatte jedoch einen ernsthaften Hintergrund: Der Belgier hatte jüngst bei seinem Team nach dem 1:3 daheim gegen Stuttgart ein Einstellungsproblem ausgemacht. Nach dem mit der nötigen Ernsthaftigkeit herausgespielten Sieg in Potsdam nun konnte er sich sogar die Pose des Gönners leisten: „Es war angenehm, hier zu spielen. Die Stimmung war sehr gut. Ich freue mich, dass Potsdam versucht, sich mit dieser sehr jungen Mannschaft der Konkurrenz in der ersten Bundesliga zu stellen. Viel Glück auf dem Weg“, sagte er in Richtung Publikum. Zehn Minuten später erfreute er sich an den ersten beiden von drei klaren Satzgewinnen des Schweriner SC in Stuttgart. „Das ist gut für uns“, hauchte er seinem Assistenten Marek Buchholz zu, der die Botschaft überbrachte. Suhler Versuchungen hin auf dem Weg zum dritten Tabellenplatz, den der Verein in diesem Jahr anstrebt.
In Potsdam genügte dem Gast aus Thüringen der Einsatz von acht Spielerinnen. Die Japanerin Hiroe Koganezawa war ebenso verletzt wie Dominice Steffen. Der kurzfristig gekommenen ungarischen Nationalspielerin Eszter Kovacs gesteht Staelens noch Eingewöhnungszeit zu. Auf Seiten des diesmal in jeder Hinsicht unterlegenen SC Potsdam spielte Laura Weihenmaier sehr auffällig. Die 18-jährige, die im Frühsommer in Mexiko Junioren-Weltmeisterin wurde, konnte sich mehrmals gegen den sehr sicheren Suhler Block durchsetzen.
Michael Merten, der Trainer des SC Potsdam, griff hinterher im Pressegespräch natürlich noch einmal Staelens Bonmot vom Fußweg durch die Nacht auf. „Wir hätten einen Wanderstock parat gehabt“, meinte er launig und sprach dann davon, versuchen zu wollen, mit seinem Team wieder in den gewohnten Rhythmus hineinzufinden. Auf diesem Weg sei man immerhin ein kleines Stück voran gekommen. Diese Erkenntnis traf den Kern dessen, was sich zwischen diesen beiden ungleichen Spielpartnern tat.
Thomas Gantz
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