Landeshauptstadt: Süße Selbstbelohnung
Das Potsdamer Katjes-Werk produziert 4800 Bonbons pro Minute – nun auch im Drei-Schicht-Betrieb
Stand:
Babelsberg - Unablässig spuckt das Band Bonbons aus. Werkleiter Manfred Kappler weiß: Es sind 4800 Stück pro Minute. Diese Schicht produziert Hustenbonbons. „Novabronch“ heißen sie. Sie schmecken außen nach Honig und die Füllung, das könnten ätherische Öle sein, doch die Rezeptur ist geheim. Nur die Bonbon-Grundmasse ist kein Geheimnis, sie besteht aus Zucker, Glucose und Wasser. Jede Jahreszeit hat seinen süßen Hit. Im Sommer sind es Fruchtbonbons, im Winter Rachenputzer. Und wer es mag, der lutscht „Sallos X-Plosiv“, ein Bonbon mit Chili-Pulver als Zutat. 24 Sorten laufen im Babelsberger Katjes-Werk vom Band. Der Absatz ist so gut, dass Werkleiter Kappler nun eine dritte Schicht eingeführt hat. Seit dieser Woche werden im „Gewerbe im Park“ auch zwischen 22 und 6 Uhr Bonbons hergestellt. Im Katjes-Werk geht das Licht nicht mehr aus. Wenn die Herstellung von einer Bonbon-Sorte auf eine andere umgestellt wird, dann kommt der Schichtleiter zu Kappler ins Büro und ruft etwa: „Waldbeere ist fertig. Wir machen jetzt Husten.“
Wichtig ist eine gleichbleibend hohe Qualität. „Es gibt Kunden, die sagen, sie schmecken Nuancen heraus“, erzählt der Werkschef, „aber es sollte schon immer gleich gut schmecken.“ Katjes verarbeitet keine künstlichen, sondern nur natürliche Aromen. Bio-Bonbons gibt es noch nicht, aber dafür Naschwerk ohne tierische Gelatine. „Be veggie“ steht auf der Tüte.
Qualität spricht sich rum, weiß Kappler. Die Nachfrage steigt und steigt. Eine wirtschaftliche Rezession fürchtet der Werkschef nicht. Genascht werde immer. „Der Mensch“, sagt Kappler, „belohnt sich selbst gern mit etwas Süßem.“
15 neue Mitarbeiter hat er für die dritte Schicht eingestellt, „alle aus der Region“. Mit 42 Mitarbeitern hat das Werk 2006 die Produktion aufgenommen. Einige von ihnen kamen aus Metallberufen, zwei Drittel waren älter als 50 Jahre. „Jetzt sind es knapp 90 Mitarbeiter“, sagt Kappler, der 32 Jahre lang bei „Rachengold“ in Karlsruhe gearbeitet hat, bevor er nach Potsdam kam. Im ersten Jahr stellte die „gläserne Fabrik“ 2000 Tonnen Bonbons her. Gläsern ist das Werk, weil Zuschauer bei der Produktion ausdrücklich erwünscht sind, 560 000 waren es seit 2006. Im vergangenen Jahr verließen 4500 Tonnen Bonbons das Werk, die Kapazitätsgrenze war erreicht. Und falls auch die Nachtschicht nicht mehr reichen sollte – in der Produktionshalle ist noch Platz für eine weitere Bonbon-Maschine. Kappler: „Die Halle ist groß genug.“
Zunächst geht erst einmal am 20. Februar eine neue Maschine an den Start, die Bonbons in Schachteln verpacken kann. Bislang sind Katjes-Bonbons in Tüten und Stangen erhältlich, nun bald auch in Schachteln.
Katjes bildet auch aus. Drei Azubis werden derzeit gesucht, ein „ganz normaler Schulabschluss genügt“, sagt Kappler. „Wir gucken mehr auf den Menschen als auf die Noten.“ Ausgebildet wird zur „Fachkraft für Süßwarentechnik, Fachsparte Zuckerwaren“. Katjes zahlt Tarif, von der Startmannschaft von 2006 sind nur drei Mitarbeiter nicht mehr dabei.
Einige Mitarbeiter in der Halle tragen einen Bart und, in der Lebensmittelbranche Pflicht, ein Bartnetz. Sie überprüfen permanent, wie aus einer 125 Grad heißen, flach auf dem Förderband aufgestrichenen Bonbon-Masse ein schlauchförmiger Strang entsteht. Kappler vergleicht diesen Strang mit einer Wasserleitung, außen Bonbon-Zucker, innen die flüssige Füllung. Eine komplizierte Maschine verarbeitet diesen Strang zu 1,3 Tonnen Bonbons pro Stunde. „Alles verkaufte Produktion“, freut sich der Werkschef – freilich bis auf die Bonbons, die Katjes den Karnevalvereinen sponsert. Zum Dank dafür wurde die Firma nun in die „Föderation Europäischer Narren e.V.“ aufgenommen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: