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Homepage: Symbole vom Leiden Christi

Die Passionsblume stammt aus Südamerika

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Als die Spanier Südamerika eroberten, stießen sie bei den Ureinwohnern des Kontinents auf zahlreiche höchst merkwürdige Nutzpflanzen. Nicolas Monardes, ein Arzt aus Sevilla, berichtete1569 als erster über eine Schlingpflanze, die Abbilder der Passion Christi trage. Er bekam die Pflanze – wegen ihrer Früchte Granadilla (Granatäpfelchen) genannt – aber nicht lebend zu Gesicht. Er war auch nie selbst in Amerika und behauptete unzutreffenderweise, die Passion sei auf den Blättern dargestellt. Der Jesuit Jose de Acosta berichtete in seiner Historia Natural y Moral de las Indias (Natur- und Sittengeschichte der Indien) 1590 dann als erster detailliert über die Passionssymbole (Nägel, Martersäule, Geißeln, Dornenkrone, Wunden), räumte allerdings ein, es sei schon eine gewisse Frömmigkeit nötig, um diese in den Blüten zu erkennen. Dessen ungeachtet wurde die Symbolik in Formen und Zahlen der „Passionsblüte“ bald so populär, dass auch Linné, sonst eher deftig-erotischer als christlich-frommer Symbolik zugeneigt, in seinem Pflanzensystem 1753 die Gattungsbezeichnung Passiflora („Leidensblume“) aufgriff – obwohl mit Granadilla auch eine spanische und mit Maracuja eine portugiesische, indiostämmige Bezeichnung verfügbar war, die er hätte latinisieren können.

In der Tat haben die mehr als 500 heute bekannten, mehrheitlich aus dem tropischen Amerika stammenden Arten von Passionsblumen ganz eigentümlich geformte Blüten. Die Blütenhülle besteht aus je fünf meist gleichfarbigen Kron- und Kelchblättern (= zehn Apostel, wenn ohne Judas und Petrus gezählt). In der Blüte sind drei am Ende scheibenförmig verdickte Griffel (= drei Nägel) und fünf Staubblätter mit länglichen Staubbeuteln (= fünf Wunden), die – sehr ungewöhnlich – gemeinsam an einer zentralen, emporragenden Säule wachsen (= Martersäule, an der Jesus gegeißelt wurde). Zwischen Säule und Blütenhülle befindet sich eine auffällige sogenannte Nebenkrone aus meist sehr zahlreichen, fädigen, bunten Organen (= Dornenkrone). Dazu erinnern die Blätter mancher Arten an Lanzenspitzen, die Ranken an Geißeln.

Ganz unsymbolisch nutzten die Ureinwohner Südamerikas die erfrischenden Früchte etlicher Passiflora-Arten als Nahrung und kultivierten die Pflanzen zu diesem Zweck und auch als Heilmittel. Die Früchte von etwa 60 Arten sind essbar. Die wirtschaftlich bedeutendste ist heute die allgemein als Maracuja bekannte Passiflora edulis, der wir zum Beispiel als Bestandteil von Multivitaminsaft, Fruchtjogurt oder Konfitüre begegnen. Ferner werden die Blätter einer anderen Art (P. incarnata) als mildes, aber wirksames Beruhigungs- und Schlafmittel verwendet.

Die Dreilappen-Passionsblume (Passiflora triloba) aus Peru ist wissenschaftlich schon seit fast 200 Jahren beschrieben. Über indianische Nutzungen, ihre Früchte oder Heilwirkungen ist aber so gut wie nichts bekannt. Dafür bietet sie eine besondere Variante der Blütensymbolik: Als weltweit einzige Passionsblume hat sie eine zwölf- statt zehnblättrige Blütenhülle, bei ihr sind also alle zwölf Apostel vertreten. Aber auch ganz ohne Symbolik sind die großen, bunten und etwas düsteren Blüten eine besondere Pracht.

Besucher des Botanischen Gartens an der Maulbeerallee können derzeit die blühende Dreilappen-Passionsblume bewundern. Als besonderes Ereignis präsentieren der Botanische Garten und das Tanzstudio Aladdina am kommenden Freitag- und Samstagabend ab 19 Uhr unter dem Titel „Eine Nacht in den Tropen“ exotische Tänze aus Südamerika, Tahiti und Hawaii. Am Sonntag gibt es um 14 Uhr unter dem Titel „Der Baum, aus dem der Amazonas entstand“ Geschichten und Spiele für Kinder um exotische Pflanzen mit Steffen Ramm. Michael Burkart

Michael Burkart

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