
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Tafeläpfel für die Tafel
Trotz Spende weiterhin angespannte Lage
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Der Berg an rot schimmernden Äpfeln hat es in sich: „Eine Tonne rebellischer Äpfel!“, scherzt ein Kleingärtner der Potsdamer Garten- und Siedlerfreunde. Das Obstgut Marquardt spendete gestern auf Initiative der Kleingärtner circa 20 000 Äpfel an die Potsdamer Tafel. Die alte DDR-Apfelzüchtung „Rebella“ sei dank ihrer Resistenz und ihres Geschmacks die Lieblingssorte der Potsdamer Kleingärtner, erklärt der Marquardter Genossenschafter Manfred Kleinert.
Zusammen mit den Kleingärtnern spendet das Obstgut in der Vorweihnachtszeit seit nunmehr drei Jahren. Die Gartenfreunde, die seit Jahren für den Erhalt von Potsdamer Kleingärten kämpfen, wollen bei derartigen Aktionen nicht etwa den Überschuss ihrer Ernte abgeben. Ganz im Gegenteil – Rebella-Äpfel sind wertvoll: Kleinert schätzt den Wert der Äpfel auf 1500 bis 2 000 Euro. Den Kleingärtnern und dem Obstgut geht es hauptsächlich um das Werben für regionale Landwirtschaft. Als Landeshauptstadt mit der größten landwirtschaftlichen Produktion hätten die Potsdamer eigentlich die Möglichkeit, sich komplett von ihren eigenen Produkten zu ernähren, weiß Kleinert.
Die Menschentraube, die bereits mehrere Stunden in der Kälte bis zur Öffnung der Ausgabestelle der Tafel ausharrte, interessiert die Apfelspende weniger. „Es gab schon wieder keine Kartoffeln, es wird von Mal zu Mal schlimmer“, erzählt eine Potsdamerin, die sich drei Stunden vor Öffnung ihre Wartenummer gesichert hat. „Die Stimmung hier wird immer aggressiver“. Grund sei der zunehmende Andrang auf die zwei Ausgabestellen seit der Schließung des Standortes am Schlaatz im September, als eine Rangelei eskalierte.
Mit Verzögerung machte sich der Andrang auf die übrigen Ausgaben bemerkbar: „In den letzten zwei Wochen haben wir 190 bis 200 statt der üblichen 120 Wartenummern vergeben“, erklärt Tafel-Mitarbeiter Hans-Jürgen Meißner. Kunden und Mitarbeitern bleibt nur die Hoffnung auf den Einsatz der Stadt: Seit fünf Jahren sucht die Tafel nach einem festen Domizil, so Mitarbeiter Meißner. Da die derzeitigen Lager begrenzt seien, gebe es Schwierigkeiten mit den Spenden. Als neuer Standpunkt ist nun die Drewitzer Straße 20 in der Diskussion.
„Wir hoffen, dass wir noch dieses Jahr den Vertrag unterzeichnen können“, so Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, der an der gestrigen Spendenaktion teilnahm. Ab Februar solle dort der Betrieb aufgenommen werden. Mitarbeiter Meißner hofft, dass sich mit der Eröffnung die Situation bei der Essensausgabe wieder verbessert: Bedürftige können dann statt bisher einmal wieder zweimal die Woche vorbeikommen. Eva Schmid
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