
© Manfred Thomas
Sport: „Tag der Abrechnung“
Die Boxer des SV Motor Babelsberg treten in Hamm an und wissen, dass sie dort voller Hass erwartet werden
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Es war der 3. November. Die Bundesliga-Boxer des SV Motor Babelsberg hatten sich auf den Heimkampf vor ausverkauftem Haus gefreut, für das Rahmenprogramm und ein umfangreiches Catering war gesorgt – wer allerdings nicht pünktlich zum offiziellen Wiegen anreiste, war der Gegner vom Märkischen Boxring Hamm. Irgendwann trudelte das Team ein, doch da hatte der Kampfrichter den Abend bereits für die Gastgeber gewertet. Was folgte – PNN berichteten –, war ein Skandal, der kein gutes Licht auf den ohnehin angeschlagenen deutschen Amateurboxsport warf. Hamms Trainer Ralf Gerads warf kurz nach Beginn eines jeden der dennoch durchzuführenden Kämpfe das Handtuch, der Großteil der Zuschauer verließ das Toyota-Autohaus und bekam das Eintrittsgeld zurück. Inklusive der Cateringkosten blieb Motor auf rund 4500 Euro Schadenssumme sitzen.
Die werden noch eingeklagt, aber die unmittelbare Strafe folgte sofort. Der Ligaausschuss des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV) belegte Hamm mit einer Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro und demnächst hat sich Gerads auch noch vor dem DBV-Sportgericht zu verantworten.
Es sind also nicht die besten Voraussetzungen, wenn sich die Babelsberger am Samstag auf den Weg nach Nordrhein-Westfalen machen. Bei Facebook schürten die Fans der Gastgeber bereits eine negative Stimmung: Vom „Tag der Abrechnung“ und von einer „Frage der Ehre“ ist zu lesen.
Motors Manager und Trainer Ralph Mantau lässt das kalt. „Welche Ehre denn bitte?“, fragt er. „Wenn die Mannschaft Ehre hätte, dann hätte sie den Kampfabend in Babelsberg auch durchgezogen. Aber so sind Hunderte Zuschauer verprellt worden und alle Sportler sind um ihre Kämpfe gebracht worden, die auch im Hinblick auf die Deutschen Meisterschaften wichtig gewesen wären.“
Die Meisterschaften in Oldenburg meisterten seine Schützlinge am Wochenende dennoch erfolgreich. Im Schwergewicht bis 92 kg erkämpfte sich Emir Ahmatovic beispielsweise die Silbermedaille und Dima Döhl holte in der 70er Klasse ebenso Bronze wie Artjom Daschyan in der Klasse bis 65 Kilogramm. „Die stehen also bestens im Stoff und sind hochmotiviert“, sagt Ralph Mantau, der für den Kampf bis auf Zdenek Chladek alle Mann an Deck an. Der tschechische Gaststarter nimmt derzeit an den U 22-EM in Russland teil.
Seinen Kämpfern hat der Trainer vor allem eines empfohlen: ruhig zu bleiben. „Wir wissen, dass uns dort der blanke Hass entgegenschlagen wird“, sagt er. „Also kommt es darauf an, dass wir uns ganz emotionslos auf die Reise machen und uns allein auf unsere Kämpfe konzentrieren.“
Eigentlich sollte der Kampf erst am 16. Februar über die Bühne gehen. Doch weil Hamm keinen Hallenplatz bekam, wurde der Kampfabend vorverlegt. Für die Babelsberger ein glücklicher Umstand. Im Februar hätten drei Kämpfe hintereinander auf dem Programm gestanden, mit dem danach anstehenden Fight in Straubing (15. Dezember) sind es nun nur zwei.
Eines steht fest: Auf die Reise nach Hamm begeben sich die Motor-Boxer bereits um 11 Uhr, um ganz pünktlich um 16 Uhr zum Wiegen zu erscheinen. Denn am Zuspätkommen soll der Kampfabend nicht scheitern. Der Ausgang liegt maßgeblich auch in den Händen der Kampfrichter. „Und die“, so sagt Mantau, „lassen sich hoffentlich nicht beeindrucken.“
Henner Mallwitz
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