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Afghanistan-Blog: Tag zwei in Kabul

Nahtoderfahrungen im Straßenverkehr, Anschläge per SMS: PNN-Redakteurin Katharina Wiechers ist im afghanischen Kabul. Lesen Sie hier ihren Blog.

Von Katharina Wiechers

Stand:

Tag zwei. Wir fahren zu einer Fabrik etwas außerhalb von Kabul. Weil die Gegend als unsicher gilt, werde ich gebeten, das Kopftuch auch über Nase und Mund zu ziehen. Außerdem nehmen wir nicht den großen Pick-Up, sondern den kleineren Toyota. "Low profile", sagen die Expats. Lieber nicht auffallen.

Wir brausen also los und kommen deutlich besser voran als am Tag zuvor. Es ist Feiertag, der Geburtstag des Propheten Mohammed. Ob der Feiertag
am Montag oder Dienstag ist, war bis Sonntagabend unklar. Jedes Jahr fällt er auf einen anderen Tag, festgelegt wird das Datum von den Geistlichen. Und das offenbar recht kurzfristig.

Außerhalb des Stadtzentrums passieren wir den Viehmarkt, auf dem trotz des freien Tages Scharen von braunen Schafen und einige Ziegen zu sehen sind. Direkt vor unserer Kühlerhaube zerrt ein kleiner Junge ein Schaf am Rückenfell über die Straße. Neben dem Markt verläuft der Fluss Kabul, ein von bunten Plastiktüten und anderem Müll völlig verdrecktes Rinnsal.

Wir kommen nur langsam voran, vor uns umkurvt ein Öltanker die Schlaglöcher. Als endlich Platz zum Überholen ist, entdecken wir eine Münchner Telefonnummer auf der Fahrertür. Es soll auch eine Zeitlang ein "Erotikbus Hamburg" durch Kabul gefahren sein, wird mir erzählt. Doch man hat ihn jetzt schon länger nicht mehr gesehen.

In der Fabrik werden wir schon erwartet. Manche der Männer geben mir die Hand, andere fassen sich nur an die Brust und neigen kaum merklich den Kopf. Wir bekommen eine Führung über das mit hohen Mauern umgebene Gelände. Die Produktion steht gerade still. Warum? Winter! sagen die Afghanen und lachen, als ob die Frage ein Scherz gewesen wäre. In der Halle gibt es keine Heizung, tatsächlich ist es eisig kalt. Und der "richtige Winter" soll erst noch kommen - auch in Kabul.

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