Von Juliane Wedemeyer: Täglich zweitausend Mal macht es „schwubbs“
Nie werden mehr Eier gegessen als an diesem Wochenende. In Potsdam leben etwa 4000 Hühner – die meisten legen braune Eier
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Fahrland /Bornim - Das mit dem Eierlegen ist Sekundensache. Bauer Ernst Ruden aus Krampnitz erklärt das so: Das Huhn setzt sich auf sein Nest, bleibt dort so sieben, acht Minuten sitzen. „Bis es sich so richtig wohl fühlt“, sagt er. Und dann erhebt es sich kurz und „schwubbs“ käme das Ei raus. Dann laufe die Henne gackernd hin und her. Vor Freude, meint Ruden, „als ob eine Frau ein Kind bekommt“. Der 71-jährige selbst hat zwei Kinder. Bei deren Geburt war er allerdings nicht dabei. Sein Sohn, Ernst Ruden Junior, geht jeden Mittag und Abend mit einem Korb in den Hühnerstall und sammelt die Eier ein – rund 90 jeden Tag. 200 Hühner leben auf Rudens Hof. Sie laufen frei herum. Darum hat er, Ruden, auch nur braune Hühner. Die weißen leuchten zu sehr vom dunklen Erdboden. „Die sieht der Habicht zu gut“, sagt Ruden. In den Stall gehen seine Hühner nur zum Eierlegen.
In der Landeshauptstadt, vor allem in ihren neuen, ländlichen Ortsteilen, macht es täglich ungefähr 2000 Mal „schwubbs“ – rein statistisch. Laut Veterinäramt halten hier 226 Einwohner 4000 Hühner. Und die legten jeden zweiten Tag ein Ei. Und manchmal auch zwei, allerdings ganz unabhängig vom Wochentag, sagt Ruden. Er hat in Potsdam die meisten Hühner. Manche nennen ihn darum auch den Hühnerpabst. Dabei hat er nur wenige Gläubige – allein die Firma Frischei in Beelitz hat 80 000 Hühner. Rund zwei Millionen Eier verkaufe sie pro Monat – im eigenen Hofladen, aber vor allem an Edeka- und Rewe-Supermärkte in Berlin, an Krankenhäuser und Gaststätten. „Und wir gehören noch zu den kleineren Betrieben“, sagt Chefin Sabine Kimmel. Nirgendwo in Ostdeutschland ist die Eierproduktion derzeit höher als in Brandenburg, meldete jetzt das Landwirtschaftsministerium: 881 Millionen Eier haben die mehr als 2,8 Millionen märkischen Legehennen im vergangenen Jahr gelegt. Die meisten von ihnen – etwa 58 Prozent – leben noch in Käfigen. Aber die Betriebe stellen im mehr auf Volieren-, Boden- und Freilandhaltung um. So, wie es der deutsche Gesetzgeber will.
Die meisten Eier verkaufen die brandenburgischen Bauern die letzten drei Tage vor Ostern. Manche sagen, dass sich der Umsatz dann sogar verdopple. „Danach setzt aber erst einmal eine Woche lange eine Flaute ein“, sagt Sabine Kimmel. Die Menschen hätten dann erst einmal genug von Eiern.
160 der Potsdamer Hühner wohnen in dem 70 mal 70 Meter Freilandgehege auf dem Hof von Gerhard Neumann in Bornim. Jeden Tag um 14 Uhr sammelt sein Mitarbeiter die Eier ein, die Neumann dann in seinem Hofladen an der B 273 verkauft. Zurzeit sind es nur knapp 70, die Hennen sind noch jung. Erst Ende Februar hat Neumann sie als Küken gekauft. Mitte Mai erreichen sie ihre Spitzenleistung, dann legen sie mehr und größere Eier. Die sind dann auch teurer. Jetzt können Kunden seine Eier schon für 15 Cent das Stück kaufen, später kosten sie dann je nach Größe ab 25 Cent.
Die meisten Eier, die es in Potsdam zu kaufen gibt sind braun. „Braune Hühner legen braune Eier“, sagt Ruden. Weiße Hühner legen Weiße. Das liege an ihren Pigmenten erklärt Neumann. Die färbten nicht nur das Federkleid der Vögel, sondern auch die Eierschale. Weiße Hühner hätten schlicht keine Pigmente. Sie seien im Prinzip Albinos. Aber die Potsdamer wollten braune Eier. Und darum halten sich alle Potsdamer Landwirte vor allem braune Hühner.
Die Eier, die die Hennen von Biobauer Hartmut Schüler vom Bornimer Florahof legen, sind sogar schokoladenbraun. Schülers Hühner heißen Maran – „das ist eine französische Rasse“, erklärt er. 25 Hühner tippeln bei Schüler über den Hof, scharren nach Essbaren. Schüler füttert sie mit Weizen vom eigenen Feld, Kartoffelschalen und Salatresten. 15, 16 Eier schenkten sie ihm dafür täglich. Und weil das nicht reicht, kauft er jede Woche rund 900 Bio-Eier aus anderen märkischen Betrieben dazu, die er auf Berliner Wochenmärkten verkauft. Schülers Hühner dürfen hin und wieder sogar befruchtete Eier ausbrüten. Sie haben drei Hähne. Wenn sich 25 Hühner drei Hähne teilen müssen, gebe es allerdings schon mal Streit, sagt Schüler.
Aus diesem Grund müssen die Hühner von Bauer Neumann enthaltsam leben. Er bräuchte viel zu viele Hähne, um seine Hennen zufrieden zu stellen. Da gebe es nur Gerangel und Gekabbel zwischen den männlichen Tieren. „Und wenn ich ihnen nur einen Hahn geben würde, würden sie ihm aus Frustration die Federn auspicken“, erklärt der Landwirt. Gar nicht aus böser Absicht. „Sie fordern den Hahn so zum Sex auf.“ Glücklich seien aber auch seine hahnlosen Hennen, betont Gerhard Neumann. „Sie kennen ja das wahre Glück nicht.“
Juliane Wedemeyer
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