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Aus dem GERICHTSSAAL: Tanz in die Bewusstlosigkeit

Bewährungsstrafe und Geldstrafe für „Waschhaus“-Besucher wegen Ko-Tropfen-Attacke

Stand:

Die Staatsanwaltschaft ging ursprünglich davon aus, für Odette O.* (18) habe nach dem Genuss von Bier, das mit sogenannten Ko-Tropfen versetzt war, Lebensgefahr bestanden. Doch der zur Gerichtsverhandlung geladene Gutachter sprach lediglich von einem narkoseähnlichen Tiefschlaf, aus dem die Abiturientin auch ohne intensivmedizinische Behandlung erwacht wäre. Odette O. hatte nach dem Besuch im „Waschhaus“ am 20. April vorigen Jahres allerdings erst einmal genug vom Feiern. Auch Lars L.* (27) dürfte die Lust am Mischen seines flüssigen Spaßmachers, den er dem Mädchen in jener Nacht anbot, vergangen sein. Nach zweitägiger Verhandlung verurteilte Amtsrichter Thomas Lange den Tourismus-Kaufmann wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem muss er 1000 Euro Geldbuße an die Evangelische Abhängigenhilfe Berlin-Brandenburg zahlen.

Es stimme, dass Lars L. vor dem Besuch der Disko in der Schiffbauergasse Bier mit einer geringen Menge eines frei verkäuflichen Lösungsmittels versetzt habe, um sich in Feierlaune zu bringen, erklärte Rechtsanwalt Steffen Sauer im Namen seines Mandanten. Als Odette O. ihn um etwas zu trinken bat, habe er ihr spontan eine Flasche gereicht, allerdings nicht an die darin befindliche Substanz gedacht. Dass Odette O. dadurch zu Schaden kam, tue ihm unendlich leid. Er habe sich kurz nach dem Vorfall schriftlich entschuldigt und ihr ein Schmerzensgeld von 5000 Euro gezahlt.

Lars L. habe ihr das Bier ohne Zögern gegeben, erzählte Odette O., die im Prozess als Nebenklägerin auftrat. „Ich hatte Durst und trank es auf ex aus.“ Was danach geschah, wisse sie nicht mehr. „Ich bin erst auf der Intensivstation wach geworden. Man hatte mich ans Bett gefesselt, überall waren Schläuche“, erinnerte sich die Schülerin. Allerdings konnte sie bereits nach wenigen Stunden entlassen werden.

„Odette hat vorher ganz komisch getanzt. Dann ist sie plötzlich umgefallen. Sie war bewusstlos“, erklärte eine Freundin im Zeugenstand. „Die Türsteher sagten gleich, das könne nicht vom Alkohol kommen und riefen den Rettungswagen und die Polizei. Auch für Clemens C.* (21) einen Freund des Angeklagten, endete diese Nacht im Krankenhaus. „Ich hatte Lars gebeten, für mich ebenfalls eine Flasche von dem Teufelszeug fertigzumachen, berichtete der Berliner vor Gericht. Schon am Hauptbahnhof habe er den ersten Schluck genommen, dann weiter getrunken. Kurz vor der Diskothek sei er umgekippt. Sobald sich der bewusste Reiniger mit Flüssigkeit verbindet, verwandelt er sich binnen einer Minute in Gamma Hydroxy Buttersäure (GHB), untechnisch auch Ko-Tropfen genannt, führte der zur Verhandlung geladene chemische Gutachter aus. Allerdings baue sich der Stoff sehr schnell im Körper ab. In geringer Dosis wirke GHB entspannend und euphorisierend, in höherer Konzentration können Bewusstlosigkeit oder gar der Tod eintreten. Die im Blut von Odette O. festgestellte Menge habe allerdings noch „im klinischen Bereich“ gelegen. Von einem tief komatösen Zustand, wie vom Notarzt diagnostiziert, könne keine Rede sein. „Sie haben eine hochgefährliche Körperverletzung begangen, auch wenn der Zustand der Nebenklägerin nicht lebensbedrohlich war“, führte Amtsrichter Lange in der Begründung seines Urteils aus. „Und Sie haben vorsätzlich gehandelt.“ (*Namen geändert.) Hoga

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