MEINE Woche: Tapfere Kämpfer
Bäähhhh! Mit diesem Ausruf begann am Montag das Wintersemester in der Kinderklinik.
Stand:
Bäähhhh! Mit diesem Ausruf begann am Montag das Wintersemester in der Kinderklinik. 6.51 Uhr muss ich im Zug nach Berlin sitzen. Auf meinem Schoß eine Zeitung, die von der „Unendlichen Geschichte des Stadtschlosses“ berichtete. Immer neue Klagen und immer weniger Wettbewerb für das künftige Herzstück unserer Stadt, schrieb ein Journalist, um über Finanzminister Speer („Herr der Ausschreibungen“) zu berichten, dass er nach schon überwiesenen Millionengeschenken an die Konsortien, das Verfahren als „gerichtsfest“ ansieht! Voller Unmut über diese nicht nachvollziehbare Ausschreibung und die damit verbundenen katastrophalen Folgen für die Potsdamer Mitte, fuhr ich weiter zum Virchow-Klinikum im Norden Berlins.
Auf dem Campusgelände angekommen, wurde unsere Seminargruppe von der leitenden Oberärztin herzlich empfangen, um eine Woche auf der Frühgeborenenstation zu hospitieren. Die kleinen Patienten werden dort in Brutkästen oder Spezialbettchen fit für einen gelungenen Lebensstart gemacht. Im Vergleich zu einer üblichen Schwangerschaft sind die frühgeborenen Kinder mehr als 20 Tage eher da. Oftmals wiegen die Babys weniger als 2500 Gramm und müssen künstlich ernährt werden, da der Saugreflex nur schwach ausgebildet ist. Außerdem leiden viele von ihnen an Atemproblemen. Mit kleinen Nasensonden („Schnorchel“) bekommen sie jedoch gut Luft und können sich prächtig entwickeln. Es ist faszinierend, wie tapfer die kleinen Säuglinge um ihr Leben kämpfen, das unter so harten Bedingungen seinen Anfang genommen hat. Zwillinge, bei denen ein Frühgeborenes schwächer entwickelt ist; Frühchen, deren Mütter drogensüchtig sind und die nun in den ersten Lebenstagen von der Abhängigkeit befreit werden müssen. Wenn die Babys solche Bewährungsproben erfolgreich überstanden haben, können sie die Klinik in den nächsten Tagen und Wochen verlassen.
Und so machte ich mich auf den Rückweg nach Potsdam, wieder vorbei an der Sandgrube des Alten Marktes und dem von der Abendsonne angestrahlten historischen Filmmuseum. Aber die Erfolge in der Kinderklinik gaben mir neue Zuversicht, dass die Potsdamer die Wunde am Alten Markt eines Tages originalgetreu schließen werden und sich nicht von den Architekten der ewig gleichen Rasterbauten überrumpeln lassen.
Jan Ludwig ist 26 Jahre alt, studiert an der Charité Berlin und wohnt in Potsdam.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: