Aus dem GERICHTSSAAL: Taschenräuber zu Haft verurteilt
78-Jährige erlitt Beckenbruch und Infarkt
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Zuerst versuchte Marc M.* (21) am 16. Januar dieses Jahres, im Pro-Markt ein Nintendo zu stehlen, wurde aber erwischt. Gegen 16 Uhr schlenderte der Arbeitslose mit seinem Kumpel und dessen Freundin durch die Innenstadt. In der Jägerstraße traf das Trio auf die 78-jährige Gerda G.* Spontan entschloss sich Marc M., der Frau die Handtasche zu entreißen, da er Geld in ihr vermutete. Die Rentnerin hielt die Tasche fest. Marc M. zerrte so lange an deren Riemen, bis Gerda G. zu Boden stürzte, sich schwer verletzte.
Der Täter floh mit der Beute, wurde wenig später von einer zufällig vorbeifahrenden Polizeistreife gestellt. Gestern wurde Marc M. vom Schöffengericht wegen Raubes und Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt. In diese Sanktion wurde ein im Februar gegen ihn ergangenes Urteil wegen Diebstahls einbezogen. Das Alter der Frau habe er nicht erkennen können, da sie sportlich gekleidet war und eine Mütze trug, die ihr graues Haar verdeckte, erzählte der Angeklagte. Als er von der Polizei erfuhr, wie schwer sein Opfer verletzt wurde, habe er „schon ganz schön geschluckt“. Er entschuldigte sich schriftlich bei der Seniorin. Gerda G. erlitt durch den Sturz eine Beckenringfraktur mit Einblutungen. Derartige Verletzungen können binnen 24 Stunden zum Tod führen, betonte ein als Zeuge geladener Oberarzt für Intensivmedizin. Zwei Tage nach ihrer Einlieferung ins Bergmann-Klinikum wurde zudem ein Herzinfarkt bei der Potsdamerin diagnostiziert. Dieser könne bei ihrem vorgeschädigten Herzen durch das Trauma des Überfalls und den Stress der notwendigen Behandlung ausgelöst worden sein. Drei Wochen lag die ältere Dame im Krankenhaus, ein Monat Rehabilitation schloss sich an. Gerda G. – bis zu jenem Januartag fit und gut zu Fuß – braucht momentan zum Laufen einen Rollator. Sie hat Schmerzen und Angst, alleine auf die Straße zu gehen, ist auf die Begleitung ihres Sohnes angewiesen. Ihr Zustand werde sich aber wieder normalisieren, versicherte der sachverständige Zeuge.
„Es ist erstaunlich, mit welcher Leichtigkeit der Angeklagte von einer Straftat zur nächsten stolpert“, führte der Oberstaatsanwalt aus. Zwischen 2002 und Februar 2009 stand der Neun-Klassenabgänger ohne Berufsausbildung allein sieben Mal wegen Diebstahls vor Gericht. Hinzu kommen Sachbeschädigung, gefährliche Körperverletzung, versuchte Nötigung und Brandstiftung. Zweimal saß er bereits im Gefängnis. Seit dem Tattag befindet sich Marc M. in Untersuchungshaft. „Wie viel Geld haben Sie eigentlich in der Tasche vermutet?“, fragte der Anklagevertreter. Marc M. – zum Zeitpunkt der Tat unter Bewährung stehend – entgegnete, darüber habe er sich keine Gedanken gemacht. „Ich wollte die Frau wirklich nicht verletzen“, beteuerte er. „Ich hoffe, dass sie wieder ganz gesund wird.“ Auch das Gericht glaubte nicht, dass Marc M. sein Opfer absichtlich in Lebensgefahr brachte. Er habe allerdings billigend in Kauf genommen, dass Gerda G. bei dem Gezerre um die Tasche den Kürzeren ziehe. (*Namen geändert.)Hoga
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