Aus dem GERICHTSSAAL: Täter an Schuhen und Hose erkannt Student bestreitet Diebstahl aus Callcenter
Ein dunkel gekleideter Mann betritt um 21.36 Uhr am 29.
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Ein dunkel gekleideter Mann betritt um 21.36 Uhr am 29. Mai vorigen Jahres das Großraumbüro eines Callcenters in der Behlertstraße. Über seiner Schulter trägt er lässig eine Reisetasche. Um 21.46 Uhr verlässt er die Örtlichkeit. Die Tasche zieht er nunmehr hinter sich her. Mehr ist auf den Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Videokamera nicht zu erkennen. Als die Mitarbeiter des Service-Unternehmens am nächsten Morgen zur Arbeit kommen, entdecken sie den Schaden. Aus einem – normalerweise extra gesicherten – großen Schaukasten fehlen mehrere digitale Spiegelreflex- und Systemkameras, Camcorder sowie ein Projektor im Gesamtwert von rund 58 000 Euro. Nach dem Betrachten der Videoaufnahme vermuten die Kollegen, der Täter könne ihr Mitarbeiter Sören S.* sein. Die Statur stimmt. Und am Tag vor dem Diebstahl hatte er die gleichen Schuhe und ebenso weite Hosen an wie der nächtliche Eindringling. Auch die Polizei hegt denselben Verdacht.
Jetzt stand Sören S. (25) wegen besonders schweren Diebstahls vor dem Schöffengericht. Über seinen Verteidiger ließ der in Kopenhagen Studierende erklären, er bestreite den Tatvorwurf nachdrücklich. Ansonsten hülle er sich in Schweigen. Jeder der gut 80 Mitarbeiter habe eine elektronische Schlüsselkarte für die beiden Großraumbüros, erzählte Verena V.* (25) aus der Personalabteilung. Sören S. sei damals Service-Mitarbeiter für den Bereich Cannon gewesen. Als solcher habe er aber keinen Zugang zu dem gläsernen Showroom besessen. „Dessen Schlüssel wird eigentlich in einem Rollcontainer aufbewahrt, der nach Dienstschluss von einem Teamleiter verschlossen wird“, berichtete die Zeugin. An dem betreffenden Tag sei der Schlüssel – von wem auch immer – einfach unter eine Computertastatur gelegt worden. Nach dem Vorfall sei das elektronische Türkarten-Schließsystem geändert worden, so Verena V. Der Schlüssel zum Schaukasten mit den hochwertigen Geräten werde nun in einem Safe mit Zahlenkombination verwahrt.
Kundenmanager Robert R.* (40) berichtete im Zeugenstand: „Keiner konnte sich mehr erinnern, wer an dem Abend als Letzter gegangen ist. Wir können auch nicht mit Sicherheit sagen, ob der Showroom verschlossen war.“ Beim Vergleich der Tages- und Nachtaufnahmen der Videokamera habe sich für ihn der Verdacht erhärtet, dass Sören S. der Täter sei. „Es sind seine Bewegungen, die mich ziemlich sicher machten“, betonte der Manager.
Staatsanwaltschaft und Gericht erkannten auf dem Nachtvideo nichts, was Sören S. zweifelsfrei des Diebstahls überführen könnte. Bei einer Hausdurchsuchung fand die Polizei keine Beweismittel bei dem damals noch in Berlin Wohnenden. „Wer ist die Person auf den Bildern? Das Gesicht sieht man ja nicht“, fragte die Vorsitzende und vertagte die Verhandlung auf den 12. Februar. Bis dahin muss Sören S. seine Bankverbindung offenlegen und dem Gericht sämtliche Kontoauszüge zwischen April und Oktober 2013 einreichen. Auch sein Ebay-Account soll überprüft werden. (*Namen geändert.) Hoga
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