Aus dem GERICHTSSAAL: Täuschung aus Termindruck
Einer Hotelfachfrau wurde Urkundenfälschung vorgeworfen. Doch das Gericht sah nur geringe Schuld
Stand:
Hat sich Ulrike U.* (24) tatsächlich einer Urkundenfälschung schuldig gemacht? Oder füllte die hübsche Hotelfachfrau – ohne groß nachzudenken – ihre Arbeitsbescheinigung am 28. August vorigen Jahres selbst aus, damit sie noch rechtzeitig bei der Agentur für Arbeit eingereicht werden konnte? Die Anklage legt der Potsdamerin zur Last, am 7. September 2011 mit einem Dokument, das nicht von ihrem ehemaligen Arbeitgeber, dem Resort Schwielowsee, ausgestellt wurde, auf dem Amt erschienen zu sein, um Arbeitslosengeld zu beantragen.
„Ich wollte die Bescheinigung von meinem Chef holen. Aber er war nicht da“, berichtete die zweifache Mutter am Donnerstag vor dem Amtsgericht. Da die Arbeitsagentur Termindruck machte, bei nicht pünktlicher Abgabe der Unterlagen eine dreimonatige Sperre des Arbeitslosengeldes drohte, habe Ulrike U. zur Selbsthilfe gegriffen. „Ich habe alles wahrheitsgemäß angegeben und von der Rezeption abstempeln lassen“, erzählte sie. Dann kullerten die Tränen. Inzwischen sei sie wieder in Lohn und Brot, habe vor Kurzem geheiratet.
Amtsrichter Oliver Kramm überlegte laut, ob man in diesem Fall überhaupt von einer Urkundenfälschung sprechen könne. Paragraph 267 des Strafgesetzbuchs besagt: Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe sanktioniert.
„Worüber hat die Angeklagte eigentlich getäuscht?“, stellte er in den Raum. „Ihre Angaben waren richtig. Niemandem ist ein Schaden entstanden.“ Er regte an, das Verfahren einzustellen. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sah zunächst eine Urkundenfälschung im unteren Rahmen. Er forderte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 20 Euro. Dann ließ er sich vom Gericht „von einer ganz geringen Schuld“ der Hotelfachfrau überzeugen.
Mit Zustimmung aller Prozessbeteiligten wurde das Verfahren gegen Ulrike U. wegen Geringfügigkeit eingestellt. Die Kosten trägt die Staatskasse. „Ich denke, dass das eine gerechte Entscheidung ist“, betonte Richter Kramm. Dann wandte er sich an die Angeklagte. „Künftig lassen Sie derartige Bescheinigungen ganz gewissenhaft von demjenigen ausstellen, der ihre Echtheit tatsächlich bekunden kann.“ (*Name geändert.) Hoga
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