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Landeshauptstadt: Tausende demonstrierten in Potsdam
Protest von rund 10 000 Landesbediensteten legt Verkehr lahm. Gewerkschaften fordern mehr Lohn und gleichbleibenden Urlaubsanspruch
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Innenstadt - Straßensperrungen, verspätete Busse und lange Staus. Der Protest der Landesbediensteten war am gestrigen Mittwoch in Potsdam kaum zu ignorieren. Seit dem Nachmittag hatten sich insgesamt rund 10 000 Demonstranten an drei Punkten in der Stadt versammelt und waren trommelnd, pfeifend und fahnenschwenkend zum Luisenplatz gezogen. Damit wollten sie Druck auf die Landesregierung machen, denn heute gehen die Tarifverhandlungen zwischen Ländern und Gewerkschaften in die dritte Runde. Die Landesbediensteten fordern unter anderem 6,5 Prozent mehr Lohn und weiterhin 30 statt 26 Urlaubstage.
Die größte Gruppe unter den Demonstranten bildeten mit 7000 bis 8000 Teilnehmern die Lehrer, die sich zunächst vor dem Bildungsministerium in der Nähe des Hauptbahnhofs versammelten. Mit dabei war auch Thorsten Stück, Lehrer an einer Förderschule in Bernau. Im Februar sei ein Drittel des Kollegiums krank gewesen, hinzu kämen die Langzeiterkrankten, erzählte er. „Es ist für uns ein riesiger logistischer Aufwand, die Lücken zu füllen und die Moral hochzuhalten.“ Unter lautstarken Pfiffen trat sogar Bildungsministerin Martina Münch (SPD) ans Mikrofon. Auch wenn sie sich erstmals gesprächsbereit zeigte, ließen sich die Lehrer nicht beeindrucken. Von der Friedrich-Engels-Straße zogen sie über die Lange Brücke und die Breite Straße zum Luisenplatz. Am Lustgarten schlossen sich Mitglieder der Gewerkschaft der Polizei (GdP) an, die ebenfalls zu Protesten aufgerufen hatte.
Am Bassinplatz versammelten sich zeitgleich rund 3000 Verdi-Mitglieder. Unter ihnen waren Mitarbeiter mehrerer Landesämter, des Landesbetriebs Straßenwesen, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten oder der Ministerien. Auch vom Landeslabor Berlin-Brandenburg waren Vertreter gekommen, wie etwa eine 50-Jährige aus der Zweigstelle Frankfurt (Oder). Sie und ihre Kollegen hatten ein Plakat mitgebracht: „Wir wissen, wann die Lasagne wiehert – das ist was wert“, stand dort. Die Mitarbeiterin erklärte: „Unsere Untersuchungen sind wichtig, aber seit Jahren fehlt es an Fachleuten und Equipment.“ Auch Mitarbeiter des Landesumweltamtes protestierten. Seit Ende der 1990er Jahre habe sich die Zahl der Beschäftigten halbiert, sagte Personalratsvorsitzender Peter Engert. Doch die Aufgaben seien die gleichen geblieben, sodass die Arbeitsbelastung immer weitergestiegen seien. Die Folge seien Stress und Überarbeitung. „Wir haben mittlerweile einen Krankenstand von durchschnittlich 23 Tagen“, sagt Engert. Dass nun der Urlaub von 30 auf 26 Tage gestrichen werden solle, sei ein Unding. „Wir brauchen die Urlaubstage zur Erholung.“
Die Verdi-Demonstranten zogen ebenfalls zum Luisenplatz, allerdings über eine andere Route als Lehrer und Polizisten. Sie liefen durch die Gutenberg-, die Friedrich-Ebert-Straße und die Hegelallee. Dort sowie rund um den Hauptbahnhof und in der Breiten Straße gab es laut Polizei ab dem Nachmittag Staus, Umleitungen und Straßensperrungen. Auch die Straßen rund um den Luisenplatz, wo sich gegen 17 Uhr alle Streikenden zur Abschlusskundgebung vereinten, konnten zeitweise nicht befahren werden. Ebenfalls beeinträchtigt war der öffentliche Nahverkehr. Einem Sprecher der Stadtwerke zufolge gab es bei den Trambahnen Verspätungen bis zu 25 Minuten, bei den Bussen sogar bis zu 50 Minuten. Manche Busse fielen ganz aus. Katharina Wiechers
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