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Sport: Tchau, Cristiane!

In Camburg verabschiedet sich die Brasilianerin morgen von Turbine Potsdam

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Tchau, Cristiane. Tudo de bom no futuro! Morgen bestreitet der FFC Turbine Potsdam im thüringischen Camburg sein letztes Saisonspiel, ehe bis zum 25. Juli trainingsfrei sein wird. Anlässlich des 85-jährigen Bestehens des SV Eintracht kickt der Deutsche Frauenfußball-Meister morgen um 15 Uhr gegen Eintrachts Männer-Bezirksligateam, und für Cristiane Rozeira de Souza Silva wird dies die letzte Partie im Turbine-Trikot sein. Anschließend fliegt die National-Stürmerin aus Osasco, einem Vorort Sao Paulos, gemeinsam mit ihrer Freundin Paula Silva dos Santos zurück in die brasilianische Heimat.

Potsdam und Cristiane – die mit viel Enthusiasmus und Vorschusslorbeer begonnene erstmalige Liaison eines deutschen Frauenfußball-Bundesligisten mit einer Brasilianerin muss nach anderthalb Jahren als gescheitert betrachtet werden. Turbines Cheftrainer Bernd Schröder hätte die 21-Jährige gern weiter in seiner Mannschaft gesehen. „Ich habe ihr nochmal ein faires Angebot für ein weiteres Jahr gemacht, aber nach einigen Tagen Bedenkzeit hat sie abgelehnt“, erklärte er. Die Gründe für die jetzige Trennung seien vielschichtig. „Ich halte Cristiane für eine hervorragende Fußballerin, deren Potenzial auf Grund ungünstiger Umstände bei uns nicht so ausgeschöpft wurde, wie es sich beide Seiten erhofft hatten.“ Die Brasilianerin habe große Schwierigkeiten gehabt, sich an den körperbetonteren europäischen Fußball zu gewöhnen. „Dann gab es nach der Rückkehr von ihren Heimreisen wegen zum Teil starker klimatischer Umstellungen gesundheitliche Probleme, so dass sie durch Sondertraining immer erst wieder aufgebaut werden musste.“ Außerdem habe es große Erwartungen der Mannschaft an sie gegeben, „und mit dem daraus resultierenden Druck wurde sie nicht so fertig, wie sie es selbst wollte. Das zehrte an ihrem Selbstvertrauen.“

Dazu kam sicher auch Unzufriedenheit der Südamerikanerin. Mit technischen Kabinettstückchen begeisterte die einstige Straßen-Fußballerin immer wieder die Turbine-Fans, bei rustikalen Zweikämpfen aber blieb sie meist zweiter Sieger. Gerade in wichtigen Spielen ließ Schröder die Olympia-Zweite von Athen 2004 daher auf der Reservebank schmoren. Außerdem war sie daheim beim FC Sao Bernardo Sao Paulo und in der Nationalmannschaft als Stürmerin auf Torejagd, während sie bei Turbine auf der linken Außenbahn oder hinter den Spitzen agieren sollte. Das aber waren Positionen, auf denen Cristiane nur schwer Sam- ba- Fußball zelebrieren konnte. Ließ der Coach sie doch mal richtig stürmen, blühte sie sichtlich auf. „Sicher wäre das die beste Position für Cristiane gewesen“, räumt Schröder ein. „Aber sie konnte sich gegen unsere drei besten Stürmerinnen nicht entscheidend durchsetzen. Wen hätte ich denn für sie rausnehmen sollen? Petra Wimbersky hat viele entscheidende Tore geschossen, Conny Pohlers ist Torschützenkönigin geworden – daher wäre nur Anja Mittag in Frage gekommen. Aber auch sie war zu wichtig für unseren Angriff.“

In der nächsten Saison, in der Wimbersky durch ihren Wechsel zum FFC Frankfurt und Mittag wegen ihres halbjährigen Intermezzos beim schwedischen Erstligisten QBIK Karlstad in Potsdam fehlen, wäre im Turbine-Sturm genügend Platz für Cristiane gewesen – zu spät. „Ich finde es sehr schade“, gesteht Schröder und erklärt, es sei auch im Nachhinein kein Fehler gewesen, die Brasilianerin zu verpflichten. Zum einen, weil dies Potsdams andere Stürmerinnen zu einem Leistungsschub motiviert habe, zum anderen, weil vom Treffen zweier verschiedener Fußball-Kulturen beide Seiten profitiert hätten. „Cristiane hat bei Turbine den deutschen und europäischen Fußball kennen gelernt, und auch wir als Verein haben im Umgang mit einer anderen Kultur wichtige Erkenntnisse gewonnen.“ Welche? „Beispielsweise, dass wir bei so sensiblen Menschen manche Dinge künftig ein bisschen anders anpacken müssen. Eine gute Spielerin muss wirklich ins System passen und in vollem Umfang Respekt und Anerkennung der Mannschaft haben.“

Bernd Schröder kann sich durchaus vorstellen, irgendwann einmal erneut eine Brasilianerin zum FFC Turbine zu lotsen. „Rosana beim SV Neulengbach in Österreich und Marta bei Umea IK in Schweden zeigen doch, dass es klappen kann“, meint der Trainer. „Warum also sollten wir es nicht noch einmal versuchen? Wir sind jetzt sensibilisiert und würden manches sicher anders machen.“

Cristiane Rozeira de Souza Silva, die seit Februar 2005 in Potsdam viele neue Fans fand, wird möglicherweise irgendwann einmal erneut ihr Glück im europäischen Fußball probieren. Vielleicht dann auch mit mehr Erfolg als bei Turbine; künftig weiß sie, was sie diesseits des Atlantiks erwartet. In diesem Sinne: Tchau, Cristiane. Tudo de bom no futuro! Tschüß, Cristiane. Alles Gute für die Zukunft.

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