Landeshauptstadt: Technik statt Größe
Gedächtnistraining am Humboldt-Gymnasium
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Wenn es nicht auf die Größe ankommt sondern auf die Technik, wird es meistens heikel. Nur weil Männer von Natur aus ein größeres Gehirn haben als ihre weiblichen Mitmenschen, konnten sie gestern, als Gedächtnistrainer Gregor Staub in die Aula des Humboldt-Gymnasiums zur Vorführung geladen hatte, nicht automatisch auf einen Vorteil hinsichtlich ihres Erinnerungsvermögens hoffen. Das stellte der Schweizer gleich zu Beginn seines knapp anderthalbstündigen Trainings mit verschiedenen Übungen klar.
Knapp 500 Jungs und Mädchen hatten sich in der Aula des Humboldt-Gymnasiums versammelt. Das Interesse an dem Gast, der von Schulleiterin Carola Gnadt im Rahmen eines Projekttages eingeladen wurde, war groß. So groß, dass die sorgfältig aufgestellten Stuhlreihen nicht ausreichten, um dem Andrang gerecht zu werden. Auch auf der Empore drückten sich die Schüler dicht an das Geländer, um einen guten Blick auf die kleine Bühne zu haben. Dort hatte Staub, dem 2003 von einer Zeitschrift der Titel „Trainer des Jahres“ verliehen wurde, ein Flipchart aufgebaut. Auf dieser Tafel notierte ein Schüler 20 verschiedene Begriffe, die ihm zuvor aus dem Publikum genannt wurden. Neben einprägsameren Worten wie Stringtanga oder Handtuch waren darunter auch weniger eingängige wie etwa Linearkoeffizient. Diese sollten die Schüler innerhalb einer bestimmten Zeit verinnerlichen und in der entsprechenden Reihenfolge wiedergeben.
Um ihnen diese Aufgabenstellung zu erleichtern, führte Staub sie in die so genannte Mnemo-Technik ein. Mit ihr werden in der Vorstellung einprägsame Bilder erzeugt, die das Merken eines Wortes erleichtern. Bindet man etwa den Begriff Handtuch in eine kurze Geschichte ein, ließe er sich später besser reproduzieren, so Staub.
Manch Erwachsenem gingen diese Assoziationsketten vielleicht ein wenig zu schnell – bei den Schülern kamen sie jedoch gut an: Innerhalb kurzer Zeit merkten sie sich nicht nur die Liste der vorgegebenen 20 Worte sondern auch die letzten zehn amerikanischen Präsidenten oder alle amerikanischen Staaten.
Schüler Ludwig Senokjan hielt diese Vorführung für sinnvoll. „Das könnte helfen, wenn man zum Beispiel französische Vokabeln lernt“, so der 14-Jährige. Auf eben diesen Effekt baut auch Schulleiterin Carola Gnadt. Sie hatte den Gedächtnistrainer erstmals in Ulm bei einer Weiterbildungsmaßnahme für Lernmethoden kennen gelernt und ihn dann in ihre Schule eingeladen. „Das ist eine super Prüfungsvorbereitung für die 10. und 13. Klassen“, so Gnadt. Im Unterricht käme das Memorieren nämlich oft zu kurz.
Knapp 1500 Zuschauer ließen ihr Gedächtnis gestern am Humboldt-Gymnasium von Gregor Staub trainieren. Die Aktion wurde in mehreren Durchgängen gemeinsam mit der Lenné-Schule durchgeführt. Am Abend konnten sich auch Eltern und Lehrer mit der Mnemo-Technik vertraut machen. Am Ende konnten Jungs und Mädchen, Frauen und Männer alle Begriffe gleichermaßen gut rezitieren. Letztlich war es also wirklich eine Frage der Technik und nicht der (Gehirn-)Größe.
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